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Kein Spatzenhirn

In ‘nem Lokal, das frei und offen
dem Spiel der Winde ausgesetzt,
habt ihr ihn wohl schon selbst getroffen,
den Gast, der durch die Lüfte hetzt,

Um unterhalb von Tischen, Sitzen,
auf nackter Erde rings geschwind
die winz’gen Krümel zu stibitzen,
die eurem Hals entfallen sind

Und die ‘ne so bescheidne Speise,
dass sie nicht mal zu Buche schlägt
für einen, der nach Menschenweise
nur ungern abzugeben pflegt.

Da macht es nichts, dass zu dem Mahle
er auch noch seine Kumpel ruft –
der Knauser, selbst der radikale,
es nicht unter Verluste stuft.

Hätt aber unterm Tisch das Treiben
er etwas länger ausgespäht,
hätt er gelernt, es zuzuschreiben,
der Sperlingssolidarität.

Die ähnelt wohl in manchen Zügen
dem Menschen, der zuhauf gern weilt,
nur dass er außer dem Vergnügen
auch noch sein Brot mit andern teilt.

Als wär von Jesus er beflügelt,
zu helfen seinem Bruderspatz –
indes der Pfaff noch immer klügelt:
Fürn Ötsch im Paradies kein Platz!

Ich aber hab Respekt gewonnen
vor diesem prächtigen Kumpan
und deshalb etwas nachgesonnen
auch über seine Lebensbahn.

Wo hat sein Zelt er aufgeschlagen,
wo bringt er seine Freizeit zu,
wenn nach des Tages Beutejagen
der Flügel fordert seine Ruh?

Er soll mit wen’gem sich bescheiden,
nicht fragen, wo er unterkroch –
‘ne Höhle reicht ihm in den Weiden
und notfalls auch ein Mauerloch.

Und nicht mal das hat er alleine
zum ganz persönlichen Gebrauch,
nennt er ‘ne Spätzin doch die Seine
und süße Spatzen manchmal auch.

Es scheint ihm dennoch zu gefallen
das Wohngefühl auf engstem Raum,
da sich bei ihm die Bruten ballen
wie sonst bei andern Vögeln kaum.

Zufriedenheit ist seine Stärke,
sein karges Los beklagt er nicht,
im Gegenteil, für gute Werke
übt weiterhin er gern Verzicht.

Und da sein Glück er schon gefunden,
was soll er in die Fremde ziehn,
den halben Globus zu umrunden
für zweifelhafte Utopien?

Standvogel also. Heimattreuer.
Nährt redlich sich im eignen Land.
Dem große Reiseabenteuer
vom Hörensagen nur bekannt.

Es fehlt ihm ja nicht mal an Bissen,
bedeckt ein Schneetuch seinen Tisch –
dann muss er Korn und Knospe missen,
doch nicht das Brot, das immer frisch.

Ich möchte Philosoph ihn nennen,
Diogenes der Vogelheit,
dem Fragen untern Krallen brennen,
für die der Dompfaff keine Zeit.

Der pfeift mit schillerndem Gefieder
und sichtlich stolzgeschwellter Brust
den ganzen Kanon seiner Lieder
aus selbstzufriedner Sangeslust.

Der Spatz indes, wie jener Weise,
der in ‘nem wind’gen Fass gehaust,
begnügt mit Wohnung sich und Speise,
vor denen es die meisten graust.

Er geht auch nicht in Samt und Seide
und stellt sein feines Tuch zur Schau
als farbenprächt’ge Augenweide
der Marke Westentaschen-Pfau.

Nein, als verkappter Jesus-Jünger,
der’s ernsthaft mit der Armut hält,
scheint diese ihm der beste Dünger
für eine friedlich blühnde Welt.

Nicht wie die einst auf Petri Throne
in der Prälaten Purpurrot –
nein, in der Kutte braunem Tone
erbettelt er sein bisschen Brot.

Plötzlich und unverhofft

Plötzlich und unverhofftEs war um sie schon still geworden.
Man glaubte nicht an ein Comeback.
„Längst ruht sie aus von ihrn Rekorden
an irgendeinem fernen Fleck.“

Fast dass man sie nicht mehr vermisste
und aufgab, nach ihr auszuspähn –
da springt wie’n Teufel aus der Kiste
sie wieder mitten ins Geschehn!

Der Schreck fuhr allen in die Glieder,
die mit dem Herbst sich arrangiert.
„Ich fass es nicht, da ist sie wieder,
die Schweiß uns in den Nacken schmiert!“

Die Ärmsten! Doch die meisten brachen
in Hochs und Hosiannas aus,
dass jetzt die Strahlen wieder stachen
ins bleiche Fleisch des Körperbaus.

Ja, Totgesagte leben länger,
beweist die liebe Sonnen nun,
und wie ein rechter Wiedergänger
gibt sie uns ordentlich Kattun.

Kein Wunder, dass im Handumdrehen
sie manchem auch ‘nen Stich versetzt,
dass Hör’n und Sehen ihm vergehen,
ja, auch das Hirn zu guter Letzt.

Dies Phänomen ist zu studieren
im Radio alle Nase lang.
Die Wetterfrösche delirieren
wie weiland Franz beim Sonnensang!

 

Moderner Sonnengesang

Moderner SonnengesangDie Radiowetterfrösche quaken
mal wieder ihr Magnifikat:
Von Bensersiel bis Pelzerhaken
fast vierzehn Stunden Sonne satt!

Und jeder Grad mehr auf der Leiter,
die zwischen Eis und Dampf verläuft,
erhitzt den Moderator weiter,
der Kyrie auf Kyrie häuft.

Die Sonne lässt das Gras verdorren,
das Vieh sucht Schatten im Verschlag –
die Frohnatur, Applaus zu schnorren,
singt Hymnen auf den Lichtertrag!

Mir geht die Hitze auf den Senkel,
zumal wenn sie von Schweiß schon feucht
und man vom Nacken bis zum Schenkel
ein Tropfenfängertüchlein bräucht.

Ich wünschte mir den Sprücheklopfer,
der da Hosianna psalmodiert,
gern mal als Brand- und Blasenopfer,
das seinen Sonnenstich kuriert!

Dann würd am eignen Leib er spüren,
wozu die Strahlen fähig sind,
und seinen Mikrostarallüren
nicht mehr vertraun so wetterblind.

Vielleicht. Die Brüder sind ja zähe
und gegen Rüffel resistent.
Wie sehr ich auch dagegen krähe –
die jubeln, bis die Hütte brennt!