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Unter Christen

Unter ChristenWie oft mir nicht schon Zweifel kamen,
ob wirklich christlich sie agiert,
wenn die Partei mit diesem Namen
sich nur für Reiche engagiert!

Doch dass ich da in falschem Gleise
gedacht, hab endlich ich erkannt:
Auf äußerst raffinierte Weise
reicht sie dem Armen so die Hand!

Der Reiche, wie wir alle wissen,
lebt mit dem schrecklichen Malheur,
die ew’gen Freuden einst zu missen
wie das Kamel vorm Nadelöhr.

Drum muss er eben schon auf Erden
die goldnen Schätze an sich ziehn,
um glücklich mit ‘nem Gut zu werden,
das nur auf Lebenszeit verliehn.

Dem Armen andrerseits verheißen
Entschädigung in Eden ist –
er muss sich nur am Riemen reißen
für diese kurze Erdenfrist.

Und ist nicht sel’ger denn zu nehmen,
wenn man das Wen’ge von sich gibt?
Der hies’gen Not muss sich nicht schämen,
wer droben nie mehr Kohldampf schiebt.

Drum weiter so, ihr Christparteien,
dass ihr nur blüh’nde Beete netzt
und des verdorrnden Volks Gedeihen
dem Himmel auf die Rechnung setzt!

Mit Recht könnt ihr darauf verweisen,
dass ihr nie elitär gedacht
und weiten, ganz normalen Kreisen
den Zugang dazu leicht gemacht.

Ja, grade in den letzten Jahren
(das lass euch der polit’sche Neid)
sie ganz besonders fruchtbar waren,
die Werke der Barmherzigkeit.

Man kann sie kaum in Worte fassen,
so ungeheuer ihre Zahl:
Verwirklicht endlich für die Massen
des Christen Armutsideal!

P. S. Für diesen Ansturm nicht gerüstet
wurd’s Himmelreich zum Notquartier:
Die, die’s nach Paradies gelüstet,
auch da sie leben von Hartz IV!

Chefgehälter

ChefgehälterJetzt bitt ich mal bereitzuhalten
die Taschentücher, Dam’n und Herrn –
ein Trauerfall. Die Hände falten.
Wer singen will, der singe gern!

Was fürn Verlust hat ihn getroffen!
Wir alle fühlen mit ihm mit.
Wie unversehns stehn Gräber offen
und schwindet, was nie Qualen litt!

Drei Säckel tot und abgeschrieben,
millionenfach mit Gold gefüllt.
Das Dutzend, das da hinterblieben,
hat sie ins Leichentuch gehüllt.

Noch lange wird an diesem Tuche
er nagen (wenn auch hungers nicht),
schlägt ihm dies Minus doch zu Buche
als stolz zu tragender Verzicht.

Um wie viel mehr muss man beklagen
den, der vom Schicksal so geprellt,
hat seines Unternehmens Magen
er doch stets vollgestopft mit Geld!

Wie wird er jetzt die Kurve kriegen,
dass er nicht elend vegetier
von Summen, die nur höher liegen
grad tausendmal, ach, als Hartz IV!

Ein Trost, sich nicht zu Tod zu grämen:
Die ganze Firma teilt sein Leid.
Ja, das Problem ihm abzunehmen,
wär noch der letzte Stift bereit!