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Uhrenvergleich

uhrenvergleich-edvard-munchWill wieder mal die Verseschmiede schildern,
da wo Apollo, nicht Hephästos schafft,
im Reich der Küche hemmungslos zu wildern
nach Geistes- und Gestaltungskraft.

Dabei auch aus den Augen nicht verlieren,
was jenseits meiner Luke zu beschaun.
Ambiente diesem jämmerlichen Schmieren:
Die goldnen Lämmer auf den Himmelsau’n.

Nicht Geister durch den Ruhm entrückter Ahnen,
wie Scipio sie einst gesehn im Traum –
Laternen sind’s, damit auf ihren Bahnen
sich die Planeten nicht verirrn im Raum.

Ihr Licht, so winzig in des Kosmos Weiten,
strahlt seltsam mächtig mir doch ins Gemüt,
als wär’s dem Schlund der Räume und der Zeiten
wie Orchideen aus Permafrost entblüht.

Zurück indes zu unsren griffbereiten Dingen,
wie sie versammelt um den heim’schen Herd,
um mehr um Verse denn das Mahl zu ringen,
da auch bei diesen er sich gut bewährt.

Veränderungen sind nicht eingetreten,
wie lange mein Kontrakt hier auch schon läuft –
vom Atemzug der Zeit, dem stillen, steten,
hat’s etwas höher nur den Staub gehäuft.

(Der Store schien früher allerdings mir sauber,
jetzt wird er gegen seinen Saum schon grau –
da hilft wohl nur ein guter Wasserzauber,
den ich dem Luftgeist Ariel anvertrau.)

In etwa ist die Stimmung auch die gleiche:
Ein Dämmern, das der raschen Nacht gewiss.
Die Häuser drüben: Stein gewordne Deiche,
die bald schon überspült von Finsternis.

Wie üblich auch der Straße grobe Reize –
grad solche, die die Lauscher strapaziern;
doch dass sie auch mit Augenstress nicht geize,
lässt ab und zu ein Blaulicht sie rotiern.

Gerade kommt so‘n Martinshorn geflogen
mit seinen mächtig schwellenden Tatas –
die Straße dröhnt von Monster-Klangeswogen,
der Fuß, er fällt vor lauter Schreck vom Gas.

(Da seht verlegen mich am Schnauzer kraulen:
Der Lärm bringt völlig mich aus dem Konzept.
Ich fasse mich erst wieder, wenn dies Jaulen
mit wachsender Entfernung sacht verebbt.)

Gut, jetzt kann ich den Faden weiterspinnen.
Was wäre sonst noch, Les’rin, von Belang?
Der Kaktus? Will an Größe nicht gewinnen –
zeigt aber auch zum Schrumpfen keinen Hang.

Das kann ich von der Kerze gleichfalls sagen –
schon ewig hab ich sie nicht mehr entflammt!
Längst nistet Staub auf ihrem weißen Kragen,
ein feiner Film auf wächsern-glattem Samt.

Der ist indessen kaum noch zu erkennen,
das Dunkel saugt ihn auf wie Löschpapier.
Ich weiß nicht, lass ich noch mein Lämpchen brennen
oder verzieh ich mich ins Schlafquartier?

Na ja, an so‘n paar klitzekleinen Zeilen
blieb ich ein Weilchen doch noch gerne dran.
Das heißt fürs Wörterfinden und fürs Feilen
lass ich mir besser noch die Funzel an.

(Dezembertags, wenn früher schon die Fluten
der Schattenwogen lautlos uns umspüln,
seh gerne ich die Birne sich verbluten
in eiterbleichen, heißen Moleküln.)

Pardon, Verklammertes am besten streichen –
von Schrank sei nur die Rede und Regal;
und stellt euch vor: Die derben Bretter gleichen
den neuen noch von Anno dazumal.

Die Zeit, sie scheint mir hier so eingefroren,
als hätt man einen Winkel ihr gegönnt,
wo sie samt ihrem Schopfe ungeschoren
in aller Ruh einmal verschnaufen könnt.

Doch hat sie mir die Spuren eingeschnitten,
die ringsumher den Dingen sie erspart –
und dabei hab ich nicht einmal gelitten,
so still ging sie zu Werke und so zart.

Wer könnte sich verweigern ihrem Walten?
Dafür gibt’s nirgendwo ‘nen sichren Port.
Wohl hat sich mancher optisch gut gehalten –
doch auch im Innern nagt und frisst sie fort.

Spät am Küchentisch

Spät am KüchentischAm Küchentisch. Die Hauskulisse
von gegenüber schon erhellt.
Es dunkelt sich ins Ungewisse.
Kontur, wo immer auch, zerfällt.

Der Abend geht auf leisen Sohlen.
Geräusche nur noch dann und wann.
Nicht einmal der Betrunknen Johlen
kommt gegen dieses Schweigen an.

Ich lass den Blick zum Himmel wandern:
die absolute Grabesruh.
Von einem Ende bis zum andern
zog dicht er sich mit Wolken zu.

Nur in den Menschentaubenschlägen,
den Mietskasernen ringsherum,
sieht Schatten manchmal man sich regen
in Lichtquadraten, still und stumm.

Und wie auch oft in irrem Reigen
da Bild für Bild vorüberzuckt,
wo seine Freizeit zu vergeigen,
Herr Meier in die Röhre guckt.

In diesem ungestörten Frieden
vernimmt erst richtig der Poet
die Stimme, die beim Verseschmieden
vom Herzen auf den Amboss geht

(Dies Bild will mir nicht recht behagen –
dann wär ja mein Patron Hephäst,
ein Kerl, gewohnt draufloszuschlagen,
dass es die Bude beben lässt

Anstatt der Musen, deren Leier
nur Saiten kennt von feinstem Guss,
dass süß sie kling bei Fest und Feier
und traurig, wo sie klagen muss.)

Und unter wohlgezielten Hieben
des Tintenrohrs in Form gebracht,
indes die Geistesfunken stieben
wie Flocken in die Frühlingsnacht.

So günstig stehen heut die Sterne
fürn Liedchen, das sich frei und frisch
weg von der Leber in die Ferne
erhebt von meinem Küchentisch!

Du kannst mir, lieber Leser, glauben:
Das ist weiß Gott die Regel nicht.
Meist hängen höher diese Trauben,
aus deren Laub man Kränze flicht.

Das kommt, weil unser Zeitgenosse
Maloche nur und Mammon kennt
und meinem schönen Flügelrosse
oft lästig in die Quere rennt

Mit Störgeräuschen aller Arten,
die aus Geschäftigkeit geborn,
dass dieser Gaul, statt durchzustarten,
am Boden bleibt mit schlappen Ohrn.

(Kann man sich einen Dichter denken,
der, wo der Presslufthammer lärmt,
noch fähig, so sich zu versenken,
dass er vom Schlag der Lerche schwärmt?)

Du siehst ja, wie die Verse sprudeln,
wenn Stille um die Schläfen weht.
Das sag ich nicht, um lobzuhudeln
der eignen Produktivität

Nein, nur als Faktum, unbestritten,
wenn man’s mit Abenden vergleicht,
an denen ich im Flug geritten
und nicht mal halb so viel erreicht.

Doch stimmt’s, was manche Denker sagen,
ein Quantum, sei es auch banal,
tendiere dazu, umzuschlagen
in Qualität mit einem Mal?

Dann hätte ich hier gute Karten,
von so viel Versen schon umringt,
und könnt vom nächsten je erwarten,
dass er noch besser mir gelingt.

Ich glaub indes, das ging’ daneben.
Genug für heute, Schluss gemacht.
Mein Bestes hab ich doch gegeben –
wenn das nicht reicht! – Dann gute Nacht!