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Weiteres zum Herrentier

Gut. Also, in der letzten Stunde
besprachen wir das Herrentier,
zu dem wir alle in der Runde
ja selber auch gehören hier.

So haben wir herausgestrichen
die Kluft, die abgrundtief uns trennt
von allen Wesen, die verglichen
mit uns die niederen man nennt.

Der Mensch nur braucht in großem Stile
für seine Arbeit manch Gerät
und kommt so leichter zu dem Ziele,
das jeweils ihm vor Augen steht.

Der Mensch nur hat aus dumpfen Lauten
den Weg zur Sprache sich gebahnt
und hat die Wörter, die gestauten,
zu Sätzen kunstgerecht verzahnt.

Der Mensch nur hat Kultur erfunden,
dass nach dem Sammeln und der Jagd
in seinen Bärenhäuterstunden
ihn keine Langeweile plagt.

Wer baute sich aus Sand und Steinen,
verschmähend Blätterwerk und Zelt,
ein Häuschen, das ihm und den Seinen
die Witterung vom Leibe hält?

Und schuf sich dann im nächsten Schritte
den großen Sammelplatz der Stadt,
die unsrem Weg zu Recht und Sitte
beständig vorgeleuchtet hat?

Er hat mit seines Geistes Waffen
(erinnert euch: von Gott gesandt)
die Erde völlig umgeschaffen
zu seinem Bau- und Ackerland.

Das ist auch leidlich gut gegangen,
solange er gering an Zahl
und noch nicht Millionen rangen
um die Ressourcen auf einmal.

Doch konnte es so immer bleiben?
Allmählich kam die Wahrheit raus:
Wenn weiterhin wir Raubbau treiben,
dann ist schon bald der Ofen aus.

Nahm da mit ihrem ganzen Feuer,
eh wieder wüst die Welt und leer,
die göttliche Vernunft das Steuer,
dass sie die Menschen Mores lehr?

I wo, die Profiteure lachten
und scherten sich ‘nen Dreck darum,
fuhrn fort, die Erde auszuschlachten,
zum Ersten, Zweiten, Dritten – zum…!

Und heute ist uns der Schlamassel
so übern Kopf gewachsen schon,
dass kein Politikergequassel
uns wiegt in falscher Illusion.

Zerrupft, verdreckt und ausgeweidet –
das ist die nüchterne Bilanz
für jeden, der vom Globus scheidet
mit seinem letzten Blumenkranz.

Schön, dass man auf die Eichentruhe
noch echte Lilien legen kann –
gewiss weilt man zur ew’gen Ruhe
in Plastikblüten irgendwann.

Das Herrentier

Insekten schwirren, Myriaden,
wo immer auch im Lüftemeer
und fressen doch nach Strich und Faden
nicht gleich den ganzen Globus leer.

Die Vögel, ihre ärgsten Feinde,
sofern nicht grad auf Wurmdiät,
gehören auch zu der Gemeinde,
die keinen Strick der Erde dreht.

Macht Meister Petz sie denn zunichte,
der wesentlich von Robben lebt?
Nein, mangels Bärn-Bevölk‘rungsdichte
und weil er an der Scholle klebt.

Vielleicht die gierige Giraffe,
die unermüdlich auf der Walz,
dass sie die höchsten Triebe raffe
mit ihrem dicken Schwanenhals?

Ein Lächeln kostet’s die Savanne:
Lass rupfen sie nach Herzenslust,
ich werf mich wieder volle Kanne
mit frischen Blüten in die Brust.

Da scheint fast übrig nur zu bleiben
mit seinem Riesenappetit
der Löwe, der’s Gazellentreiben
als sein Geschäft und Hobby sieht.

Doch hat er die grazilen Sprinter
schon größtenteils vertilgt vielleicht?
Ach, meist bleibt er ein Stück dahinter,
weil seine Puste nicht ganz reicht.

Jetzt kann ich auf den Wal nur hoffen:
Ich könnte schwören Stein und Bein,
steht dem am Bug die Klappe offen,
fällt es da tonnenweise rein.

Hat er indes die Fischbestände
so radikal schon reduziert,
dass zwischen seine Magenwände
sich kaum ein Hering noch verliert?

Nein, so ein Kunststück hinzukriegen,
braucht’s mehr als nur ein großes Maul –
Gedanken auch, die höher fliegen
als die von einem Ackergaul.

Da kommt ein Tier nur noch in Frage,
das so viel Wissen schon gewann,
dass bis zum Ende aller Tage
es damit Unheil stiften kann.

Eins, das nach eigenem Bekunden
(voilà die Maus, die Berge kreißt!)
der höchsten Gottheit nachempfunden
sowohl an Körper wie an Geist.

Mit diesem Freibrief in der Tasche,
den es sich selber ausgestellt,
legt nach und nach in Schutt und Asche
es seine angestammte Welt.

Der Mensch, millionenfach besungen
von seinesgleichen als Gigant,
hat alles in die Knie gezwungen
bis an den letzten Erdenrand.

Doch wenn ihm draußen Feinde fehlen,
kein Mangel herrscht im eignen Haus –
sich gegenseitig töten, quälen,
den Bogen hat er wirklich raus.

Mit Blut düngt gern er seine Felder,
weil das besondre Frucht verheißt –
dem einen ungeheure Gelder,
dem andern, dass ins Gras er beißt.

Doch hat er mehr noch auf der Pfanne
als Lust auf Gold und auf Gewalt,
dass kaum mal eine kurze Spanne
die Kriegstrompete nicht erschallt.

Ach, kaum hängt unter den Trophäen
die Streitaxt über dem Kamin,
muss er schon wieder Zwietracht säen,
um gegen die Natur zu ziehn!

Wie’n Flegel, der mit seinem Stecken
die Köpfe von den Stängeln mäht,
so lässt er seine Wut sie schmecken,
die blindlings auf Zerstörung geht.

Doch anders als der rüde Knabe,
der’n Stock sich untern Arm dann klemmt,
pflegt er zur Mehrung seiner Habe
sie auszuplündern bis aufs Hemd.

Bist du ein Tier und zu verwerten
mit irgend’ner Besonderheit?
Man folgt so lange deinen Fährten,
bis dich ein Schuss davon befreit.

Soll es den Pflanzen besser gehen?
Raubbau, wen wundert es, auch hier!
Wo heut noch dichte Wälder stehen,
herrscht morgen Kahlschlag im Revier.

Selbst in der Erde Eingeweide
hat man zu wühlen nicht versäumt,
dass von Karbon und dass von Kreide
die Schätze fast schon ausgeräumt.

An solchen Taten nur gemessen:
So kriegte es sonst keiner hin.
Hätt er nur Menschlichkeit besessen
in diesem eher seltnen Sinn!

Doch alle edleren Gefühle
die Habgier schon im Keim erstickt,
dass nur mit nüchternem Kalküle
auf seinen Vorteil jeder blickt.

Natürlich wird das schrecklich enden,
wie Übermut zu enden pflegt:
Man stirbt von seinen eignen Händen,
der Ast ist fast schon durchgesägt.

Und das Debakel abzuwehren,
kommt rettend kein Theatergott.
Wir müssen lernen, uns zu nähren
von Gülle und von Plastikschrott.