Wie gern würd ich die Flasche teilen,
die ich jetzt vor der Nase hab,
mit einem Meister schöner Zeilen,
und weilte er auch schon im Grab!
Archilochos, das wär so einer,
der schlüge keinen Becher aus,
zumal mein Tropfen hier wohl feiner,
als was gewohnt er von zu Haus.
Auch Li Taipo, könnt ich mir denken,
und schon aus Höflichkeit allein,
ließ gern ein Schälchen voll sich schenken –
gerade jetzt bei Mondenschein!
Und auch nicht grad ein Kostverächter
war ja der Muschelbruder Franz,
der Schrecken aller Tugendwächter
nähm die Bouteille gewiss auch ganz.
Gern würde ich den Bellman sehen,
der brächte gleich die Laute mit.
Und mag er auch auf Sundgau stehen –
sagt zum Pinot er nicht igitt!
(Nie würd indes ich invitieren
Herrn Goethe, trink- und sangesfroh,
da könnte ich mich nur blamieren
mit schnödem Landwein – statt Château!)
Horaz, den liebend gern hingegen:
Der mochte alles ländlich schlicht –
und auch mal selber Hand anlegen,
beim Pflug so gut wie beim Gedicht.
Doch: Wär das wirklich auszuhalten,
säß mir da plötzlich vis-à-vis
so eine dieser Top-Gestalten
globaler Spitzenpoesie?
Ich spürte sicher Unbehagen,
und meine Zunge tät sich schwer,
das rechte Wörtlein anzuschlagen,
das jenem angemessen wär.
(Mag jeden man auch Dichter nennen,
der sich mit Versen Ruhm errang,
sind da doch Raum und Zeit, die trennen
den einen von dem andern Sang.)
Ach, sicher läg’s mir in der Kehle
allein aus Ehrfurcht wie ein Kloß,
dass ich die auferstandne Seele
mit offnem Maul bestierte bloß.
Vielleicht ist’s besser, nicht zu stören
die Geister, die dem Tod vermählt,
zumal ja heut, sie zu beschwören,
auch jene Endor-Hexe fehlt.
Sie hätten mir wohl Tipps gegeben,
wie bestens man gebunden spricht.
Nun hol ich Rat mir bei den Reben –
hat der nicht (Oechsle!) auch Gewicht?