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Der kranke Freund

Der kranke FreundErst heute hab ich es erfahren:
Ein Freund von anno dazumal,
der knapp voraus mir nur an Jahren,
sei ständig Gast im Hospital.

Ein ganzes Bündel von Gebrechen
will stationär behandelt sein.
Kaum, dass er essen kann und sprechen,
kaum fallen ihm noch Namen ein.

Den ich so munter fand vor Zeiten,
den nichts aufs Krankenlager warf –
was ließ die Kräfte ihm entgleiten,
dass fremder Hilfe er bedarf?

Ich weiß es nicht. Kann nur bedauern
den Menschen, der mir lieb und wert,
dass vor des Schicksals Klagemauern
mehr als ein Seufzer mir entfährt.

Ein Rollstuhl seine bittre Bleibe,
ein Pflegeheim sein Gnadenbrot,
indes dem Geiste und dem Leibe
noch weitere Zerrüttung droht!

Kann auf ein Wunder man noch hoffen?
Auch dieser Ausweg scheint versperrt,
das Tor zur Zukunft nicht mehr offen,
wie sehr die Heilkunst auch dran zerrt.

Die Zeit, die Mutter aller Dinge,
entlässt sie blind aus ihrem Schoß.
Der Schnuller und die Galgenschlinge:
Produkte ihrer Laune bloß.

Man kann sich ihrer nicht erwehren,
ist ihnen hilflos ausgesetzt,
ob Freude oder Leid sie mehren,
ob morgen oder ob schon jetzt.

So lass in die Erschütt’rung fließen
ich Sorge um mein eignes Wohl.
Noch mag Gesundheit ich genießen –
doch gibt’s darauf ein Monopol?

Wie viele Tage noch gewähren
die Nornen mir vorm Scherenschnitt?
Der kranke Freund, er soll mich lehren:
Nimm jede Stunde fröhlich mit!

Denn nur im Heute und im Kleinen
dein Teil der Ewigkeit du erbst. –
Wie wahr! Gern tröst ich mich mit Weinen,
der Trauben Tränen für den Herbst.

Auch ich in Arkadien

Auch ich in ArkadienDie Bäumchen, die den Weg hier säumen
in lichten, langgestreckten Reihn,
von Blüten förmlich überschäumen
wie junger Kirsch- und Mandelwein.

Und ihre morgenfrische Röte,
wie zünftig sie den Frühling ziert,
gleich dem Gezwitscher und Geflöte,
das aus der Luft ihn orchestriert!

Derweil aus wolkenlosen Weiten
die Sonne wieder freundlich sengt
und diese wintermüden Breiten
mit Wogen warmen Lichtes tränkt.

Ein leichter Wind verbreitet Kühle,
dass man nicht gleich in Schweiß gerät.
Balance zwischen Frost und Schwüle,
die mächtig zum Spazieren lädt.

Und wirklich wandeln auch Gestalten
durch diese Paradiesesflur –
doch zögernd irgendwie, verhalten,
und ohne Blick für die Natur.

Sie kommen aus den Klinkerklötzen,
die etwas abseits man gewahrt,
um sich im Freien zu ergötzen
auf diese seltsam stille Art.

Der Sache auf den Grund zu gehen,
tret an die Häuser ich ganz nah.
Da seh ich auch schon Schilder stehen:
STATION A, B et cetera.

In einem Meer von Lenzaromen
schwimmt heute hier das Hospital.
Fürs Leben wohl ein gutes Omen;
nicht zwingend für den Krankensaal.