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Stippvisite

Die Bude hat nicht mal ‘nen Namen,
der draußen angeschlagen wär,
und die zum Spachteln hierher kamen,
die kamen wohl von ungefähr.

Bin heut mal wieder hingegangen,
weil grad sie um die Ecke liegt
und bei dem raschen Unterfangen
man kaum den Hintern sich verbiegt.

War voll schon unter dieser Plane,
die plastisch steifen Brisen wehrt
und selber flatternd wie ‘ne Fahne
gebieterisch Gehör begehrt.

Ein Plätzchen war noch zu ergattern,
ein zugiges am Trottoir
mit kostenlosem Moped-Knattern
und Schnulzen aus der „Tropenbar“.

Das konnte mich indes nicht schrecken
aus einem doppelt guten Grund:
Die Sachen hier vorzüglich schmecken,
und kraftvoll klingt der Dame Mund,

Die dieses Tischchen mit mir teilte
wie auch die Lust auf Muschel-Brüh,
die, eh der Kellner noch enteilte,
verschluckt sie hatte ohne Müh.

Dagegen war nicht anzulöffeln,
ich macht’s am Ende so wie sie,
nicht zu gehörn zu diesen Töffeln,
die unbelehrbar wie das Vieh.

Doch besser konnt ich mich entfalten,
als man das Hauptgericht serviert –
sie musst sich an Kalmare halten,
ich hab Sardinen filetiert.

Und mit dem Klönen und dem Kauen
vergessen wir so sehr die Welt,
dass wir die Dämmerung erst schauen,
als sie den Kaffee überfällt.

Vergnüglich waren diese Stunden
und wie im Flug verging die Zeit.
‘nen Abschiedsschnaps noch für die Kunden!
Im Magen macht sich Völle breit.

Ich trottete zu Fuß nach Hause,
ein Katzensprung nur, wie bekannt.
Die Dame in der Menopause
ist mit ‘nem Rover durchgebrannt.

Kurz abgetaucht

Kurz abgetauchtMir ist`s wie in `ner Taucherglocke
hier im bescheidnen Zimmerlein,
wo halbwegs ich im Schatten hocke
bei falbenfahlem Lampenschein.

Von draußen stört kein Laut die Stille
und drinnen nur mein Atemzug,
als ob des nahen Meeres Wille
mich wirklich unter Wasser trug.

Durchs Bullaug’ blick ich: Schwarze Masse,
an der man sich die Nase stößt.
Ein Bursche bloß von seltner Rasse
laternenhäuptig darin döst.

Kein Kalmar, kein betagter Krake,
der träge durch die Wogen pflügt –
nichts rührt sich in der trüben Lake,
die träumerisch sich selbst genügt.

Nur etwas weiter in der Ecke,
die optisch grad ich noch im Griff,
so was wie`n Wrackteil ich entdecke –
den Bug von einem Kirchenschiff!

Schon schlägt mein Herz mit Freud und Bangen,
dass ich `nen seltnen Fund gemacht:
`nen Ort, der einst zu Grund gegangen
in einer einz`gen Sturmesnacht!

Da schrillt wie`n Wecker in den Schlummer
auf einmal mir das Telefon –
und reißt zu meinem größten Kummer
mich aus der Tiefsee-Illusion!

Forscherdrang

ForscherdrangTief unten in den tiefsten Tiefen,
in ewig sternenloser Nacht,
wo Arten ihren Tod verschliefen,
wird endlich Inventur gemacht.

Was da an Quallen und Kalmaren,
an Hummern etwa haust und Krill
und andren Wunderexemplaren,
die Wissenschaft nun wissen will.

Die Wesen, die so gut verborgen
in maritimer Dunkelheit,
und Tage leben ohne Morgen
und Abend ohne Ziel und Zeit

Man lockt sie listig mit Attrappen,
die äußerst sinnreich konstruiert,
und wenn sie gierig danach schnappen:
Ein Klick, und schon fotografiert!

So hat die scheusten Meerestiere,
die teils aus Sagen nur bekannt,
man aufgestöbert im Reviere
und („Oma, guck!“) auf Film gebannt.

Sensationell! Die Forscher hüpfen
vor Freude über ihren Fund!
Sie meinen’s gut und dabei knüpfen
sie mit den „Jägern“ einen Bund.

Was wird zur Beute nicht, zur Ware,
so wie man es vom Festland kennt?
Erst kommen Priester, Missionare,
dann kommt, o Gott, der Produzent!