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Eins auf die Glocke

Ganz sicher würd ich drauf verwetten
mein letztes Hemd, von Hand genäht,
dass man an Gottes heil’gen Stätten
nichts weiß vom Morse-Alphabet.

Wie soll den Schlag ich aber deuten,
den mir die Glocke stets versetzt,
wenn sie mit wiederkehrndem Läuten
mir Töne in die Löffel hetzt?

Fast jeden Tag um Punkt halb sieben
erklingt die Klöppel-Tastatur,
wird in den Abendwind geschrieben
die Botschaft über Land und Flur.

In rascher Folge schneiden Schläge,
metallisch klar und silberhell,
wie eine feine Nervensäge
ins aufgepeitschte Trommelfell.

Wen will man damit nur erreichen?
Wem wird ein Code so zugesandt?
Ich zählte schon mal alle Zeichen –
ach, dreiundneunzig, allerhand.

Und als erleichtert ich schon dachte,
das war’s wohl endlich mit dem Spuk –
Sekunden später noch mal sachte
die Nummer 94 schlug.

Ließ das auf irgendetwas schließen?
Ich fühlte dem nicht auf den Zahn,
wollt nur die Stille noch genießen,
die Ruhe nach dem Klangorkan.

Doch schon ‘ne Viertelstunde später,
besagte Rechnung ohne Wirt,
hat eifrig wiederum Sankt Peter
mit seinem Schlüsselbund geklirrt.

Entfesselt klangen Narrenschellen
stakkato aus dem Glockenstuhl,
um nochmals in die Welt zu bellen
die Info für den Kenner-Pool.

Und wieder 93 Hiebe
mit einem Seufzer hinterher,
doch dass er nicht so einsam bliebe,
kam diesmal sogar einer mehr.

Da hab ich schläfriger Geselle
am Ende doch noch Blut geleckt
und mich gefragt an dieser Stelle,
was, Himmel, bloß dahintersteckt!

Kaum war ins Grübeln ich geraten,
als mich der gleiche Krach gestört:
Punkt sieben klerikale Daten,
die nicht der Taubste überhört.

Und automatisch wieder zählen:
Uff, 93! Bleibt dabei.
Danach aus schwächren Glockenkehlen
der Nachschlag: Eins und zwei – und drei!

Dann endlich Schluss mit dem Gebimmel,
es hat sich stiekum dünn gemacht.
Wahrscheinlich hatte jetzt der Himmel
die Botschaft an den Mann gebracht.

Ich weiß nicht recht, doch will vermuten,
der Klimmzug mit dem Glockenseil
gemahnt an kirchliche Statuten
wie „Beten für sein Seelenheil“.

Zumindest wär es ja die Stunde,
zu der man in der Christenheit,
und zwar mit Katholikenmunde,
sein Angelus der Jungfrau weiht.

Dann hieße dies Getöne, erzen:
„Ihr Gläub‘gen, dass ihr‘s nicht verschlaft!“ –
und hätte gleich mit Ohrenschmerzen
auch noch die Gottlosen gestraft!