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Sparflamme

Was soll ich von der Kerze halten?
Verweigert mir die Feuerpflicht
und flimmert nur, versteckt, verhalten,
so vor sich hin als kleines Licht!

Kaum noch als Fünkchen zu erkennen
durch ihrer Hülle glas‘ge Wand,
scheint sie wie’n Seufzer zu verbrennen,
der grad noch aus der Gurgel fand.

Der Docht, der sonst in schöner Länge
das stolze Flammenbanner führt,
dass es den festen Brei versenge,
bis er sich freier darin rührt,

Er guckt jetzt mit dem Fadenende
nur eben noch daraus hervor,
ein Stückchen Kohle im Gelände,
das sich im Teig des Talgs verlor.

Ist ihm der Atem ausgegangen
in stickiger Zylinderluft;
erstarben ihm die Rosenwangen
in seiner dumpfen Plastikgruft?

Ich kann nicht mit Gewissheit sagen,
was wirklich diese Schwäche schuf.
Sie müsste schließlich mehr vertragen,
ist sie doch Windlicht von Beruf.

Geborgen in robustem Rohre,
das schützend ihren Leib umstellt,
weilt oft sie hinterm Friedhofstore,
wo sie auf Gräbern Wache hält.

Und ob da nicht die Stürme rasen
in mancher unheilvollen Nacht,
um unerbittlich auszublasen,
was den Verstorbnen dargebracht!

Nein, grad in meiner stillen Klause,
in die kein Lüftchen sich verliert,
schrumpft ohne Punkt sie, ohne Pause,
bis selber sie zu Wachs gefriert.

Und längst ist nicht einmal die Sohle
des schmelzenden Geklumps erreicht,
dass sich die Fackel dort erhole
von allem, was sie aufgeweicht.

Ein Stumpf pappt da noch in der Säule,
der massig wie ein Eisberg ragt,
an dem die leichte Flammenkeule
sich selber kurz und klein genagt.

Belämmert seht mich also hocken
vor diesem seltnen Phänomen,
natürlich völlig von den Socken,
doch willens auch, es zu verstehn.

Der Fachmann wird es mir erklären,
er weiß für alles ja den Grund:
Die Kerzen sonst in allen Ehren,
doch diese hier ist einfach Schund!

Vorrang Wind

Vorrang WindWas für ein Elend hier beim Dichten:
Mir fehlt ein wicht’ges Utensil –
muss auf die Kerze heut verzichten,
für mich weiß Gott kein Pappenstiel!

Ihr dank ich’s ja und ihrem Flackern,
dass mir erwacht die Fantasie
und ich, auch ohne groß zu ackern,
schon bald die schönsten Früchte zieh.

Zwar steht sie mir auch jetzt zur Seite,
doch von des Dochts gekrümmtem Quell
ergießt kein Strahl sich in die Weite,
der brennt wie Feuer, heiß und hell.

Das Wachs, vom Flämmchen ungeschoren,
total zerronnen und erstarrt,
sieht aus wie ‘n Tümpel, zugefroren,
der auf den nächsten Frühling harrt.

Stets wenn ich einen Blick riskiere
auf dies erloschene Fanal,
den roten Faden ich verliere,
so rührt es mich, so kalt und kahl.

Was ist passiert? Die Sommerhitze,
die Hitze, die ist schuld daran,
dass, wenn ich meine Reime ritze,
auf Wind ich nicht verzichten kann.

Die fleiß’gen Ventilatorblätter:
Kein Palmenzweig kann fächeln so!
Doch lieber wäre mir ein Wetter
für Kerzenschein. Und Kunstniveau.

Memento mit Kerze

Memento mit KerzeEin bisschen Hülle ist geblieben,
ansonsten alles ausgebrannt.
Versunken hab ich nur geschrieben,
mich ihr zerstreut nur zugewandt.

Das ist das Schicksal der Getreuen,
die uns zur Seite unentwegt:
den stillen Abschied nicht zu scheuen,
wenn plötzlich ihre Stunde schlägt.

Ihr Flämmchen ist der reinste Segen,
erwärmt mir wohlig das Gemüt,
wenn auf den dunklen Musenwegen
als Feuerzeichen es mir glüht.

Es war nicht schwer, Ersatz zu finden,
an Kerzen mangelt es mir nicht.
Schon ragt, befreit aus Vorratsspinden,
das neue, unverbrauchte Licht.

Werd ich des alten lang gedenken?
Zu viele schwinden ja dahin:
Wie jedem denn sein Herz da schenken?
Und: Aus den Augen, aus dem Sinn.

Wie schrecklich hier die Parallele
zum Menschen, ach, aus Fleisch und Blut!
Wenn ich so meine Jahre zähle –
der Rest geht in ‘nen Fingerhut.

Das Einz’ge, das voraus ich habe
der Kerze, die ihr Auge schließt:
dass „Ruhe sanft, du alter Knabe!“
wer denken mag, der einst dies liest.

Nachwachsen

NachwachsenMit einem Mal ist es verschieden,
das Kerzchen, unbeachtet fast,
und aus dem wächsern-weißen Frieden
reckt sich des Dochts verkohlter Ast.

Was hab ich ihm nicht zu verdanken,
der kleinen Flamme treuem Wirt,
wenn nächtlich ich auf morschen Planken
durchs Meer der Fantasie geirrt!

So wie in Finsternis ein Feuer
den Weg uns weist zum sichren Strand,
so war es Stütze mir und Steuer,
damit ich immer Boden fand.

Doch nicht in ungewisser Weite
stand fest und segensreich es da,
es glomm mir ja direkt zur Seite,
rechts vor mir und zum Greifen nah.

Und nicht wie an der fernen Küste
der Leuchtturm nur die Richtung leiht –
mein Lichtlein stillte auch die Lüste
nach Wärme und Behaglichkeit.

Ist es auf ewig mir verloren,
dies Flämmchen, still und musenfromm,
dass ich nie wieder ungeschoren
in des Poeten Hafen komm?

Ein neues rasch ich mir erwähle
als meiner Fahrten Schirm und Schild –
auch dies der Glut in meiner Seele
sich stets verzehrend Ebenbild.

 

Die Kerze

Daimages98FAKHUI auf dem Docht, da irrt das Licht,
als ob es fliehen wollt,
und zieht und zerrt sein Leichtgewicht
aus Lila und aus Gold.

Doch dieser Faden lässt nicht fort,
mit Ketten er es hält,
dass so verschmolzen mit dem Ort
sein Feuer steht und fällt.

So brennt mit gleicher grimmer Glut
in mir das Dichterherz,
dass aus der trüben Alltagsflut
es steige himmelwärts.

Und kommt doch auch nicht davon los,
so zäh hält sie es fest,
dass nimmer sie im Musenschoß
es richtig ruhen lässt.

Oft fühl ich dem Parnass mich nah
und schöpfe wieder Mut.
Doch nur ein Weilchen später, da
fasst wieder mich die Flut.