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Gottesfrieden

Man kann ihn fast mit Händen greifen,
den Weihnachtsfrieden im Moment;
die Spatzen’s von den Dächern pfeifen –
nun feiern fröhlich wir Advent!

Sobald die Wohn- und Arbeitsstätten
der Abenddämmer sacht umfängt,
entzünden sich die Lichterketten,
die man den Straßen angehängt.

Da baumelt denn ein großer Schlitten,
den Rentiermotor vorgeschnallt,
von einem Weihnachtsmann geritten
im weißen Neon-Winterwald.

Da hebt sich breit aus andern Sternen
von Bethlehem das Himmelslicht,
dass es sogar den Glaubensfernen
verheißungsvoll ins Auge sticht.

Und auch das Kirchlein um die Ecke
hat sich ein Diadem geliehn,
dass es die bleiche Stirn bedecke
mit Königen beim Niederknien.

Elektrisch alles gut gerüstet,
Gefühle wohlig aufgeheizt,
damit zu kaufen dich gelüstet,
was bisher kaum dich noch gereizt.

Doch dies hier nur mal so am Rande;
es steht auf einem andern Blatt.
Heut geht zu Wasser und zu Lande
ausschließlich es um Stille satt.

Das ist der unsichtbare Boden,
aus dem die Festtagsstimmung sprießt
und rundum bis zu’n Antipoden
man leiser die Leviten liest.

Doch was so hoffnungsvoll versprochen,
gilt Tage mal im höchsten Fall
und wird selbst dann schon oft gebrochen
von dem und jenem mit ‘nem Knall.

Denn ohne noch erst abzuwarten
die lärmende Silvesternacht,
mit Böllern sie und Krachern starten
schon jetzt zur Winterabwehrschlacht.

Die Brüder mögen wohl nicht meinen,
so zeigten sie der ganzen Welt,
wie Gegensätze sich vereinen,
die man für unvereinbar hält.

Und tun es doch in meinen Augen
von Matutin bis Angelus,
dass ich nun einmal Honig saugen
aus dieser Ruhestörung muss.

Was dulden klaglos wir? Geläute,
helldröhnend aus dem Turmgestühl,
weil es von Kind an uns erfreute
mit eingebläutem Gottgefühl.

Wir mussten uns daran gewöhnen,
dass dieser harte, kalte Klang
von allen uns bekannten Tönen
am nächsten noch dem Engelssang.

Und dass wann immer wir ihn hören,
er uns nicht ruft nur, Gott zu ehrn,
nein, auch Gefahren zu beschwören
wie Flut und Feuer, die verzehrn.

Da braucht‘ es viele, viele Jahre
an seligem Dornröschenschlaf,
bis eines Sonntags nach Lätare
der Kuss uns der Erkenntnis traf.

Und kaum war ihr vom Leib gerissen
das Feigenblatt, das keusch sie trug,
sah nackt und bloß man das Gewissen
‘ner Kirche, der es selten schlug.

„Profit und Macht“ war die Parole
auch für den Klerus jederzeit
und zu dem Zweck ihm die Pistole
als Waffe und als Geld geweiht.

So sind dem süßen Ruf der Glocken,
mit denen man nach Seelen fischt,
von alters her auch kurz und trocken
Kanonenschläge beigemischt.

Glaubensstreiter

Die Wissenschaft ist fortgeschritten,
seit sie geschlüpft in Hellas‘ Nest,
erwachsen längst und schon im dritten
Jahrtausend mit dem Wiegenfest.

Was hat sie nicht schon rausgefunden
seit Heraklits und Thales‘ Zeit:
So, dass die Sterne dort umrunden
nur Priester noch im Narrenkleid.

Und dass die Erde, die als Scheibe
man sich im Mittelpunkt gedacht,
‘ne katzenbuckelart’ge Bleibe,
die Männchen vor der Sonne macht.

So, dass der Mond mit den Konturen,
die wechselnd er am Himmel zeigt,
nur noch den simpelsten Naturen
verwirrend in die Birne steigt.

Und dass im Wüten der Gewalten,
in Dürre, Feuer oder Flut,
Gericht nicht zorn’ge Götter halten
über die sünd’ge Menschenbrut.

So wenig wie sie Majestäten
aus Gnade je ‘nen Thron verpasst,
sie ihnen ähnlich anzubeten,
und sei’n sie auch dem Volk zur Last.

Und so den Pfaffenspruch entlarven
als Werbung für den Klingelpott,
dass Engel einst den Leib beharfen
und alle Obrigkeit von Gott.

Da sind wir nun. Die Welt entschlüsselt.
Kein Schlupfloch für Schamanen mehr.
Die Alster in die Elbe flüsselt.
(Auch Dichter haben’s manchmal schwer.)

Erforscht bis in die Einzelheiten.
In Bild und Schrift und Ton fixiert.
Der Teufel müsste einen reiten,
der da Schimären noch gebiert.

Und wie er reitet – gar in Würden,
es hilft die halbe Welt ihm auf:
Was sind ihm Fakten schon für Hürden,
ist’s Kleinhirn erst in vollem Lauf!

Man sieht nicht und man will nicht sehen.
Man hängt am alten Gängelband
der Pfaffen, die die Forschung drehen
je auf den neusten Bibelstand.

Wie nie ist heut die Welt gespalten
in Geister der verschiednen Art –
die einen mit dem Hirn es halten,
die andern noch mit Kaisers Bart.

Bei Letztren heißt’s vergeblich hoffen,
dass einmal der Verstand sie lenkt –
sie sind nur für die Märchen offen,
die früh man in ihr Herz gesenkt.

Und während doch aus Lichtpartikeln
das Nichts im All zum Sein gefror,
leiht noch den Konfessionsartikeln
vom Schöpfergott der Arsch sein Ohr!

Des Sonnenhauses letzte Pforten
hat man inzwischen schon erreicht,
indes der Klerus allerorten
kein Jota von der Stelle weicht.

Für Unsinn just wie auserlesen
scheint mir der Kirche Superheld:
Der Papst, ein winzig sterblich Wesen –
und segnet doch die ganze Welt!

Kurs Himmel

Kurs HimmelWir wollen heute einmal gründen,
denn die Geschäfte gehn nicht schlecht,
einen Verein für weitre Pfründen,
heißt: ‘ne AG nach Handelsrecht.

Auf unsern Ruf, der ohne Tadel,
wird man die Aktie akzeptiern
und wird vom Landmann bis zum Adel
in seine Zukunft investiern.

Dann scheffeln wir die Millionen,
die es auf unser Konto spült,
auf dass sie in Oasen wohnen,
die nie der Steuer Durst gefühlt.

Und wirklich reißt man uns die Fleppen
wie warme Semmeln aus der Hand,
dass kaum wir fähig ranzuschleppen
Ersatz vom fleiß’gen Druckerstand!

Dabei winkt unsren Wertpapieren
doch zeitlich keinerlei Gewinn –
man kann vom Kurs nicht profitieren
und Dividenden sind nicht drin!

Was aber dann in Gottes Namen
verleitet alle Welt dazu,
so zahlreich wie der Väter Samen
zu krallen dieses Zeug partout?

Nun, die Papierchen übersteigen
unendlich alles doch an Wert,
da einst im Himmelreich sie zeigen,
wie hoch man ihre Käufer ehrt.

Man muss nur erst den Tod erleiden
(gewiss ein läst’ger Zwischenschritt),
um sich zum Engel umzukleiden,
hat man als Nachweis jene mit.

Du faselst, Dichter! Sollst dich schämen
fürn derart lausiges Konstrukt –
so lässt sich auf die Schippe nehmen
kein Mensch, der auf Rendite kuckt!

Wer nur ein bisschen Grips im Brägen,
fällt auf so’n Schwindel nicht herein;
hienieden braucht es Glück und Segen;
was dann passiert, weiß doch kein Schwein.

Dagegen ist nicht viel zu sagen.
Käm heute so ein Spekulant,
man packte ihn bei Arsch und Kragen
und schmiss ihn aus dem Dachverband.

Tatsächlich? Diese faule Nummer:
„Verehrte Christenheit, berapp;
Erstattung gibt’s im ew’gen Schlummer“,
zieht nach wie vor der Klerus ab.

Uralte Bräuche, Traditionen:
Die nimmt von der Kritik man aus!
Die Kirche, wohl noch für Äonen,
behält ihr Siegel „Pia fraus“!