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Muskelspiele

Das Gut, nach dem die meisten jagen,
im Heu der kleinen Nadel gleicht –
drum muss man sich durchs Dasein schlagen,
das grade so fürs Leben reicht.

Denn wen’gen nur ist vorbehalten
der Reichtum, Krone der Begier,
in dem die Wünsche sich entfalten
zum stets erfüllten Jetzt und Hier.

Wer da nicht wie die alten Weisen
bescheiden in sein Los sich fügt,
mag auf ‘nem andern Ticket reisen,
das seinem Geltungsdrang genügt.

Denn sind ihm Schätze auch verschlossen,
weit offen steht die Tür zur Macht,
die, tausendfach in Form gegossen,
selbst winzig große Lust entfacht.

Verzeiht mir, liebe Herbergsväter,
falls ich euch fälschlich im Visier –
doch hör bis heut ich das Gezeter
von einem, dass er imponier!

Und auch der Pförtner im Kabäuschen,
der doch die Wege weisen muss,
gerät oft bissig aus dem Häuschen
wie ein getretner Zerberus.

Und ist euch schon mal aufgefallen,
wie einer mit ‘nem Schlüsselbund
und Schritten, die in Fluren hallen,
Pedell sich dünkt auf eignem Grund?

‘ne Stufe höher der Beamte,
von gleichem Spießertum beseelt,
der für ‘ne Staatsgewalt entflammte,
die seine eigne stützt und stählt.

Auch weiter im zivilen Leben
ist keiner von der Seuche frei,
sich frech und arrogant zu geben,
und hätt er nur ein Arschgeweih.

Gilt übrigens für alle Schichten,
wie die Erfahrung uns verrät –
in Kunstvereinen selbst zu sichten,
wenn es um Vorstandsposten geht.

ÄskuAuch Züchter, die mit Eifer stylen
Kaninchen für die Rasseschau,
gewicht‘ger durch die Gassen eilen
als Vorsitzer im Rammlergau.

‘ne Extrastrophe für Doktoren,
zumal für die im Hospital,
dern Nasen in die Luft sich bohren
beim Aufmarsch in den Krankensaal.

Den Stab des Äskulap im Kittel
mit seiner legendären Kraft,
legen sie mächtig sich ins Mittel
für ihre teure Wissenschaft.

Juristen, Paragrafenreiter,
die des Rodeos würdig wärn,
gehn mit der Arroganz noch weiter,
weil mit der Weisheit sie verkehrn.

Zumindest mit den zig Gesetzen,
die längst man schon für nötig hält,
dass sich wie Bestien nicht zerfetzen
die kleinen Götter dieser Welt.

Die wissen findig sie zu klauben
sich aus dem letzten Winkel gar,
des Kunden Hoffnung hochzuschrauben
samt dem mobilen Honorar.

Ich glaube, Freunde, euch genügen
schon diese paar Exempel hier,
um selber welche anzufügen,
dass sich die Liste komplettier.

Bevor der Schreiber mir entgleitet,
muss rasch die Frage ich noch stelln:
Warum ist nur so weit verbreitet
die Lust zu beißen und zu belln?

Nun, die Familie, diese Zelle
des Staats und seiner Sitte Grund,
sie fördert schon das Machtgefälle –
der Mann, die Frau, das Kind, der Hund.

Urbane Reize

urbane-reize-van-goghHier ward der Mond zum Gegenstand,
der keinen Reiz mehr hat.
Von Schönheit voll bis an den Rand
ist selber ja die Stadt.

Wie farbig ist der Straßenraum
mit Bildern ausgeschmückt,
dass jedes Haus und jeder Baum
von Werbung fast erdrückt!

Die Bauten selbst, Paläste schier
aus Stahl und aus Zement,
begeistern sogar den Polier,
der schon Manhattan kennt.

Und dieser Plätze Mobiliar!
Geklump aus Schrott und Stein!
Doch eingestuft als „wunderbar“
vom hies’gen Kunstverein.

Auch in den Buden ist was los,
da geht die Luzie ab!
Da lacht sich selbst ein Trauerkloß
die Tränensäcke schlapp.

Hier Jahrmarkt, nur hereinspaziert!
Da Kino-Flimmerwelt:
Ein jeder findet und goutiert,
was immer ihm gefällt.

Und überall dies Tütata
von cremig gelbem Licht,
das dröhnend auf der Retina
von groben Lüsten spricht!

Dies zieht die Blicke magisch an,
erfüllt die Seele ganz,
dass keiner sich entziehen kann
dem städt’schen Totentanz.

Man jagt nach Flitter und nach Tand,
nach seichter Gegenwart,
und wähnt sich dabei weltgewandt
nach bester Spießerart.

„Für uns zwei Bierchen, bitte sehr!
Und Premium-Qualität!“
So gibt selbst ein Gesöff Gewähr,
dass man im Leben steht.

Vor so viel blindem Unverstand,
da wird mir richtig flau:
Man steckt die Rübe in den Sand
und hält sich noch für schlau.

Indes am Himmel immerdar
nimmt’s Drama seinen Lauf –
es tritt die ganze Sternenschar
persönlich darin auf.

Da über unserm Kopf direkt:
Der permanente Clou,
gewaltig, ewig und perfekt –
und kostenlos dazu!

In Nichtigkeiten sich verrennt,
wer unter Neon wohnt.
Es schaut auf ihn vom Firmament
und wundert sich: der Mond.