Wein ist nicht Wein, lass ich mir sagen:
Er ist der Rebe Ebenbild
und je nachdem, in welchen Lagen
der Saft ihr aus der Blase quillt.
Zum Beispiel dieser dunkelrote
Merlot, bei dem ich grade hock,
holt seine ganz besondre Note
aus den Coteaux des Languedoc.
Ein Zufall allerdings, grad heute
in meine Bude reingeschneit
als erste beste Einkaufsbeute,
die untern Flaschen griffbereit.
(Nur so wird wohl ein Allesfresser
wie ich vom Typus „blindes Huhn“,
sei sie nun schlechter oder besser,
von einer andern Rebe dun.)
Kein Grund indessen, zu bedauern
an meinem Tisch den Zufallsgast –
er wird gewiss hier nicht versauern,
da gut er auch zum Gaumen passt.
Doch muss er noch ‘nen Test bestehen,
bevor ein Ehrenplatz ihm winkt:
Ob außer Zunge er und Zehen
auch noch das Hirn zum Kribbeln bringt.
Ich schluck erst ruhig mal zu Ende
und schätze dann die Wirkung ein.
Die Pünktchen … hier … sie sprechen Bände:
Gegrübel. Doch zurück zum Wein!
Auch da hab ich nichts auszusetzen.
Sooft ich mir ein Schlückchen schnapp,
um meine Gurgel zu benetzen,
geht lyrisch gleich die Luzie ab.
Ob für den Tropfen sich vorzeiten
auch schon der Troubadour entschied,
mit Leidenschaft zu unterbreiten
der hohen Frau sein Minnelied?
Weiß keine Chronik zu berichten.
Doch ich vermute einfach mal:
Muss man auf Küsse schon verzichten,
ist Wein die zweite erste Wahl.
Im Übrigen ist festzuhalten,
dass selten sich so’n Weinchen wehrt,
die Fantasie mir zu entfalten,
die meine Blütenlese mehrt.
Sollt dennoch eines es mal wagen,
dass mir’s den Appetit vergällt,
werd aus dem Kopf ich es mir schlagen,
bevor ‘s das Dichterhirn befällt