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Schönes Gleichmaß

schoenes-gleichmass-hendrick-terbrugghenNa, hab ich euch zu viel versprochen?
Ich melde hiermit mich zurück.
Die Schaffenskraft ist ungebrochen.
Und auch die Hörerschaft zum Glück.

Wo war ich also stehn geblieben?
Ich glaub, es ging um Städtebau.
Man müsste mal Kulissen schieben,
ja, für ‘ne andre Bühnenschau.

Mal ernsthaft: Nichts hat sich verändert.
Der Tag. Die Häuser vis-à-vis.
Der Horizont, mit Rot gerändert,
kommt ihm die Sonne vor die Knie.

Schon hat sich ins bestirnte Laken
der Himmel wohlig eingemummt.
Der Mond zieht leise seinen Haken,
der Große Bär behaglich brummt.

Welche Stille, welche Süße
hüllt die schöne Stadt –
wohl dem, Nietzsche, der jetzt Füße
hochzulegen hat!

Breit sich vor die Glotze lümmeln:
Feierabendlust!
Und an Käsestangen mümmeln
gegen Alltagsfrust.

Von dem bestens zu befreien
scheint des Bilds Gewalt,
wenn‘s von tausend Todesschreien
schaurig widerhallt.

Dann erblühn die siechen Seelen
rasch zu stillem Glück.
Lassen andere wir quälen,
geht ihr Schmerz zurück.

Lassen Augen Wunden lecken,
Zungen ein Gebräu,
und dem Wahn, es würde schmecken,
zum Erbrechen treu.

„Gehst du in die Küche, Hase?
Bring ’ne Buddel mit.“
“Ja, du kleine Säufernase.
Sei nur morgen fit!“

Idylle herrscht zu dieser Stunde.
Die Straße atmet autofrei.
Fehlt nur der Wächter auf der Runde,
Laterne, Stock und Hut dabei.

Gemütlichkeit in eignen Wänden
ist das, worauf jetzt jeder schielt,
nur dass Klavier man zu vier Händen
inzwischen etwas wen’ger spielt.

(Obwohl, man kann es ja nicht wissen,
was in den Köpfen so passiert
und mancher Vater nicht beflissen
sein Wolferl zum Genie dressiert.)

Auch mich befällt so ein Behagen,
entfernt von Pflicht und Amtsgestühl,
dass ich wie bei den Lotophagen
Odysseus mich geborgen fühl.

Und drüben hinter finstren Mauern,
wie Klosterstein so dick und schwer,
mir unbekannte Bürger kauern
in gleicher Stimmung ungefähr.

Wir sollten sie jetzt nicht mehr stören
mit unsrer Asphalt-Nörgelei –
die Stadt samt Planungsingenieuren
geht ihnen so am Arsch vorbei.

Trankopfer

trankopferWie soll dem HErrn man Danke sagen?
Ein Trankopfer bring ich ihm dar!
Libido, Lithium, Lotophagen …
Wer weiß noch, wie das Wörtchen war?

Er wird’s auch so zu schätzen wissen.
Hat ja bei so was nie gemurrt.
Hier ’n Schlückchen, da ’n Kuttelbissen,
und, mit Verlaub, der Alte schnurrt.

Wie leicht lässt der sich ruhig stellen –
das ging bei unsereins so nicht!
Bei all den Häuten und den Fellen
übt aufs Gekrös ich gern Verzicht.

Mit Blut und Fett ihn abzuspeisen,
das scheint mir doch ein seltsam Ding!
Im Rauche möchte ich zu ihm reisen,
ihn zu besehn, den Kümmerling.

Der aus den grausen Chaoswogen
den Kosmos aus der Taufe hob,
kann doch nicht klein sein, krumm gebogen,
ein mümmelgreiser Misanthrop!

Und wenn er doch ein Heros wäre,
ein größrer noch als Herkules?
Wie, dass mit Krümeln ich ihn nähre
und selbst die dicksten Brocken fress?

Vielleicht teilt er des Tisches Sitten
der Vettern überm Tempe-Tal.
die Nektar und Ambrosia litten
als Einziges beim Göttermahl?

Auch könnt er vegetarisch leben
von Zwiebeln, Lattich oder Lauch,
was seine Gärten ihm so geben –
besagten Apfel sicher auch.

Ach, Unsinn: Frei ist er von Zwängen
und einer Speise nicht bedarf!
Er nährt sich nur von Sphärenklängen
und seiner Cherubim Geharf!

Das hätt er doch mal sagen müssen.
Sein Schweigen kommt mir spanisch vor.
Schwelgt wer in solcherlei Genüssen,
dann pfeift er auf Altargeschmor.

Ich habe längst schon meine Zweifel,
ob solche Fütterung was wert.
Entweder ging der HErr zum Teufel –
oder um uns sich diesen schert.

Mag’s Lackmus, mag’s Libretto heißen,
der Hokuspokus ist mir schnurz –
ich schlürf für mich den Roten, Weißen
und halt den Götterhimmel kurz.

Käm WEr, sich selbst an mich zu wenden,
ich stünd gewiss nicht auf dem Schlauch,
würd gern und reichlich JEnem spenden,
wie jedem andern Schlucker auch.