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Das einsame Segel

Es spinnt die Welt mit grauen Fäden
sich ein in den Kokon der Nacht.
Der Bürger schließt die Fensterläden
und still sein Lampenlicht entfacht.

Wer irgendwo im Strandlokale
noch draußen in der Dämmrung döst,
erhebt sich plötzlich, dass er zahle
und in das Horn des Aufbruchs stößt.

Natürlich ist es kühl geworden,
natürlich ist die Sonne weg.
Nur Möwen hocken noch in Horden
im Sand an ihrem Lieblingsfleck.

Im Hintergrund der Hügelkette
als Erster schon der Faden riss –
die ganze stolze Silhouette
verlor sich in der Finsternis.

Noch weithin aber folgt das Auge
der See gezacktem Wellenschlag,
als ob sie besser dazu tauge,
am Rock zu halten diesen Tag.

Von Leben aber nichts zu sehen.
Die Dampferflotte, sonst erfreut,
den Fischen einen Strick zu drehen,
bleibt heute fest am Kai vertäut.

Der Seemann kauert, fortzuflicken
an seinem Netz aus grobem Garn,
vor endlos langen Seilen, dicken,
um morgen wieder rauszufahrn.

Da taucht in dieser Wasserwüste,
in stetigem, bedächt’gem Lauf,
als ob zum Strand es rübergrüßte,
ein weißes Segel plötzlich auf.

„Die Wüste lebt!“ In Nacht und Nebel
selbst scheucht wer seinen schmalen Kahn,
vetrau’nd der Pinne starkem Hebel,
durch diesen rauen Ozean.

Doch ist ‘ne Crew nicht auszumachen.
Wer hält den Kurs mit festem Griff?
Wo sind an Bord und Bug die Wachen?
Es hat was von ‘nem Geisterschiff.