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Kurze Blütezeit

kurze-bluetezeitDer Kirsche Blütenbüschel sinken
ermattet schon von ihrem Zweig,
in schmutz’gen Pfützen zu ertrinken
auf Fahrbahn und auf Bürgersteig.

Die bunt gescheckten Krokusfluren,
am Saum der Straße hingestreckt,
verschwanden schon bis auf die Spuren,
die wo im Grase noch versteckt.

Und all dies baumelnde Geschmeide,
mit dem der Hasel sich geschmückt,
die bräunlich-gelbe Augenweide
hat stürmisch ein Galan gepflückt.

Der Osterglocken goldne Kelche,
die sich so stolz im Wind gewiegt –
seht welk und schlaff sie nun und welche,
für die kein Stängel sich mehr biegt.

Des Jahres erste Frühlingsboten,
die uns so heiß willkommen sind,
gehören halb schon zu den Toten,
auf die kein Schwein sich mehr besinnt.

Scham sollte mir die Wangen röten,
dass ich den keuschesten vergaß –
Magnolien, in dern weiße Föten
so rasch der Wurm sich wieder fraß!

Millionenfach springt uns das Leben
mit Farben und mit Düften an,
wir müssen nur die Sinne heben,
dass es uns nicht entgehen kann.

Und wenn man deren hundert hätte,
sie söffen sich am Sein nicht satt,
so riesig ist des Raumes Stätte,
an die das Los gepflanzt uns hat.

Doch diese Sinne, ach, sie trügen
und träumen wohl auch unentwegt,
dass sie nicht mal dem Fleck genügen,
auf dem man sich durchs Dasein schlägt.

Am Ende hat man nichts begriffen
und wundert sich wie neugeborn.
Zu spät. Das Spiel ist abgepfiffen.
Und nicht nur eine Schlacht verlorn.

Unerschöpflich

UnerschöpflichNun ist es plötzlich Mai geworden
und glühender der Sonne Strahl.
Von Blättern, Blüten überborden
die Straßenbäume auf einmal.

Und die so lange nackt gestanden,
der Winterkälte ausgesetzt,
die heiß ersehnten Kleider fanden,
erst da sie überflüssig – jetzt.

Doch darin mag auch Weisheit liegen,
damit der Lenz sein Soll erfüllt –
auch Menschen eh’r auf Formen fliegen,
die ein Gewand geschickt verhüllt.

Ach, der Natur geheime Pläne,
wer hätte je sie eingesehn?
Erfreun wir uns der grünen Szene,
auch wenn nicht alles wir verstehn.

Und ist es nicht auch gut zu wissen,
dass ja der Anfang erst gemacht?
Nach den Magnolien, den Narzissen,
was kommt da noch an Blütenpracht!

In unterird’schen Magazinen
liegt so viel Nachschub schon bereit,
den ganzen Sommer zu bedienen
und selbst den Herbst ein Stückchen weit.

Wie gerne würd ich doch besingen
jedwedes Blümchen im Gedicht!
In tausend Jahrn möcht’s wohl gelingen –
ich fürchte nur, ich hab sie nicht.