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Magie des Meeres

Sie fehlen hier, die steilen Grate,
die Gipfel, die in Weiß getaucht,
die Hänge, wo in seiner Kate
der Hirt sein Abendpfeifchen raucht.

Zu Hügeln höchstens sich erheben
die Felsenhaufen ringsumher,
um treppengleich hinabzustreben
in sanften Stufen bis zum Meer.

So schließen sie an einem Ende
die Bucht wie eine Mauer ab,
indes ihr fallendes Gelände
nach See hin sich verjüngt zum Kap.

Dahinter, meinem Blick entzogen,
birgt jene Stelle sie im West,
wo Helios seinen großen Bogen
und seine Pfeile ruhen lässt.

Doch sind es grad die Wassermassen
mit ihrem weichen Buckelschild,
die bestens zu ‘nem Typen passen,
dem Weite mehr als Höhe gilt.

Frei kann der Blick darüberschweifen,
bis an den Horizont er stößt,
der als ein feiner, schmaler Streifen
sich kaum vom dunst’gen Grunde löst.

Und nirgends mag das Auge haften,
das sonst so gerne doch verweilt –
es hat nichts weiter zu verkraften
als diese Fläche, ungeteilt.

Die Seele aber, ungebunden,
den Wolken gleich in ihrem Lauf,
kann ihre Tiefen hier erkunden,
und keine Grenze hält sie auf.

Möglichst mit Meerblick

Möglichst mit MeerblickIch weiß nicht, was die Leute haben –
die wollen immer nur das Meer
so eigensinnig wie die Knaben
ihr allererstes Schießgewehr.

Was gibt es denn da groß zu gucken?
Geplätscher bis zum Horizont;
und wenn die Winde es mal jucken,
dann brodelt es auf breiter Front.

Dazu die Emmas, wie sie trudeln
mit viel Gewese und Gekreisch
und die, wie mancher Typ auf Nudeln,
ganz jieprig auf Sardinenfleisch.

Und täglich dieses Häufchen Dampfer,
das eifrig in die Fische geht
wie unsereins in’n Sauerampfer,
wo hier und da ein Pilzchen steht.

Wär auch die Sonne noch zu nennen,
die theatralisch oft versinkt –
der halbe Himmel scheint zu brennen,
wenn sie um ihren Abgang ringt.

Mehr hat der Zuber nicht zu bieten
mit seinem ganzen Wasserzeug.
Warum sie da ‘ne Bude mieten,
dass man ihn Tag und Nacht beäug?

Doch wie soll grade ich das wissen?
Muss für befangen mich erklärn.
Mocht schon als Kind das Meer nicht missen –
das scheint wohl nicht mehr zu verjährn.

Mein Hausmeer

Mein HausmeerDas Meer, die feuchte Heimat dort
der Fische und der andern Wesen,
die rudernd nur in einem fort
im dunklen Buch des Lebens lesen

So schweigsam liegt es und so stumm,
als könnt kein Wässerchen es trüben,
zum Horizont: Mysterium,
die Ewigkeit hier einzuüben.

Beschwingt zu flüchtigem Profil,
sich kräuseln einmal ihm die Wellen,
und so in ew’gem Wechselspiel
sich duckend, um emporzuschnellen.

Dann wieder stürzen übers Haupt
als Brecher ihm die höchsten Wogen,
dass es, bei Gott!, so brüllt und schnaubt,
als käm Poseidon durchgezogen.

Und wie die Farbe ihm changiert –
von Grün zu Blau und andren Tönen
und, so die Sonne assistiert,
mag Silber ihm die Schläfen schönen.

Sein Antlitz, himmelwärts gewandt,
sieht kreisen tags der Möwen Scharen,
die manchmal jäh, wie übermannt,
ihm gierig an die Gurgel fahren.

Doch niemals tief. Der Sonne gleich
mit ihren wohlig warmen Fängen,
die stöbern nur im Wellenreich,
wo man nicht zählt nach Fadenlängen.

Auch gehn da Schiffe unentwegt,
die kreuz und quer ihm Furchen wühlen,
was stirnerunzelnd es erträgt,
weil’s wie ein Kribbeln nur zu fühlen.

Am Tage Helios es bekrönt,
um abends sich ihm zuzuneigen
mit Wangen, die von Rouge verwöhnt,
wie um die Neigung auch zu zeigen.

Wenn Nacht indessen es befällt,
wird man vergeblich nach ihm äugen,
und nur des Leuchtturms Lichtschrei gellt,
sein dunkles Dasein zu bezeugen.

Was wissen wir von dieser Flut,
an deren wechselvollen Säumen,
und achtsam stets vor ihrer Wut,
wir von Gefahr und Ferne träumen?

Wenn ich, noch wach, im Kissen ruh
und auch die Straßen mit mir lauschen,
dann höre ich, wie immerzu
Millionen Stimmen darin rauschen.