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Bedeckungsveränderliche

Seit vielen Jahren einmal wieder
begegnet er ihm ohne Murrn,
der kühne Jupiter, ganz bieder,
‘nem Rabenvater wie Saturn.

Heut schwimmen sie auf einer Welle
für einen flüchtigen Moment,
weil kurz nur und auf dieser Stelle
die Sonne einmal beiden brennt.

Und in dem ausgeliehnen Glanze
stolziern die beiden Götterherrn,
als wärn mit ihrem Strahlenkranze
sie selbst nicht wen’ger als ein Stern.

So haben einst sie schon die Weisen
aus Morgenland dazu gebracht,
auf ihrer Fährte zu verreisen
nach Westen durch die Winternacht.

Wir alle kennen die Legende.
Ritt auf Kamelen, kaum bequem.
Doch glücklich dann an seinem Ende
der Stall. Die Krippe. Bethlehem.

Gold, Weihrauch, Myrrhe abgeladen.
Vorm Jesuskind das Knie gebeugt.
Dann wieder heim auf Wüstenpfaden
und seine Göttlichkeit bezeugt.

Gern würd Gewissheit ich erlangen,
wie stark das Licht die Nacht erhellt.
Der Himmel aber grau verhangen.
Und keine Hirten auf dem Feld.

Adventskalender

Erinnerung an Kinderjahre:
Adventskalender an der Wand –
noch ohne Süß- und Schleckerware,
geöffnet aber stets gespannt.

Ein kleiner Engel! ‘ne Trompete!
Knecht Ruprecht und der Nikolaus!
Ein Bildchen bloß, das ich erspähte,
und doch, was für ein Augenschmaus!

Wann hat’s den Appetit verschlagen
auf diese bunte Nulldiät
und sich der unverwöhnte Magen
um 180 Grad gedreht?

Ach, kurz ließ er sich nur verführen,
auch Süßes war er bald schon leid!
Dann fand sich hinter diesen Türen
der Mini-Luxus unsrer Zeit.

Versteht sich eher für die Lieben,
die längst schon keine Kinder mehr,
doch einen Brauch nicht abgeschrieben,
der diesen hoch und heilig wär.

Was lässt sich nicht in Säckchen zwängen
und in Kartons von zwanzig Zoll?
Biersorten gibt es ja in Mengen,
die machen schnell zwei Dutzend voll.

Ein andrer füllt sie eh‘r mit Weinen
und Kölnisch Wasser oder Tee,
das heißt dem Exquisiten, Feinen,
womöglich noch aus Übersee.

Soweit bei mir der Stand der Dinge.
Doch gibt es Typen auch, wer weiß,
die Klunker schenken oder Ringe:
„Spielt keine Rolle, pah, der Preis!“

Na ja, an diesem Fest der Liebe
ist der wohl eher sekundär;
willkommner sind die edlen Triebe
bei Habenichts und Millionär.

Darf ich mal aus der Schule plaudern?
Nur unter uns. Verschwiegenheit!
Bekenne also ohne Zaudern:
Auch ich auf dieser Welle reit.

Hab ‘nen Kalender grad empfangen,
der allerdings den Rahmen sprengt –
der dickste Haken würd nicht langen,
als Ganzes an die Wand gehängt.

Pakete, Päckchen, Hefte, Tüten
nehmen ein Tischchen in Beschlag,
und alle eifersüchtig hüten
die Ziffer für den Öffnungstag.

Allein den Haufen zu betrachten
im festlichen Papiergewand,
gibt ein Gefühl, als ob ihn brachten
die Weisen aus dem Morgenland.

Doch ohne jene Königsgaben
von Weihrauch, Myrrhe oder Gold,
mit denen man dem Jesusknaben
verschwenderisch Respekt gezollt.

Kein Grund indes, mich zu beklagen.
Viel höher fühl ich mich geehrt,
weil, was mir in den Stall getragen,
mehr als Karfunkelsteine wert.

Schon diese Auswahl der Objekte,
in jedem Stücke wohlbedacht,
lässt keinen Zweifel, sie bezweckte,
dass Tag für Tag sie Freude macht.

Durch nichts und niemand zu verringern:
Seht mir nur zu, wie ich nervös
mit zittrig ungeduld’gen Fingern
den Schatz aus seinen Knoten lös!

O Freude, schwerlich zu beschreiben
nach sieben offnen „Türchen“ nur –
und so viel Tage noch verbleiben
für diese schöne Prozedur!

Reklamation

ReklamationDa klebt es bunt ihr an der Stirne,
das Angebind aus Glas und Licht,
ein Bild, erschaffen aus der Birne,
die glühend sich zum Muster flicht.

Und das Motiv, das wir erkennen
in dem Fassaden-Diadem,
ist äußerst weihnachtlich zu nennen –
die Stallgeburt in Bethlehem.

Ganz schön auf Draht, muss man schon sagen
fürn Kirchlein in so`m lütten Fleck:
Es weiß die Trommel laut zu schlagen
auch optisch für den heil`gen Zweck.

Grad heute gingen durch die Pforte
ihm wieder viele Schäfchen ein,
um dem gesalbten Priesterworte
auf hartem Holz Gehör zu leihn.

Doch wohlgemerkt nach dem Kalender,
wie er in diesen Breiten gilt,
dem als bewährtem Festtagsspender
viel Rot aus seinen Zeilen quillt.

Die Feier jetzo: Dass empfangen
Maria einst des Geistes Lust
und mit der Jungfrau eignem Bangen
ihr nicht zu wehren hat gewusst.

Und dass dem wundersamen Akte,
der doch platonisch wohl verlief,
ein Kind entsprang nach kurzem Takte,
das Kön`ge an sein Krippchen rief.

Der Jesus, der uns da geboren,
war wahrlich mehr als diese wert,
die gold- und myrrhegeilen Toren,
die schenkend Mammon noch verehrt.

Der Göttlichkeit, ihm unterschoben
von Schwindlern nur aus Geltungsdrang,
hört nie man ihn sich selber loben
sein ganzes kurzes Leben lang.

Prophet, so nannt er sich bescheiden,
beschwörend, seiner Zeit zum Trotz,
das Volk, Gewalt und Hass zu meiden
als Kinder eines Vatergotts.

Da glänzt er nun als Lichterkette
aus seinem grellen Neonpfühl
mit den Laternen um die Wette
im frostigen Metallgestühl.

So wird seit je sein guter Name
als Kirchenzugpferd gern verwandt –
die heute, Meist’rin der Reklame,
ihn poppig vor den Karren spannt.

Spendable Gäste

Spendenfreudige GästeEin Feiertag, der uns entgangen,
weil irgendwie sie kalt uns lässt –
die Gabe, die das Kind empfangen
von Königen zum Wiegenfest.

Obwohl doch diese Potentaten
durchaus sich nicht an Geiz begeilt
und als geborene Magnaten
mit vollen Händen ausgeteilt.

Denn Weihrauch waren, Gold und Myrrhe
der Karawane reiche Fracht,
die sie aus ihrer Wüstendürre
zum Stall von Bethlehem gebracht.

Sie wollten ihre Gunst erweisen
‘nem Knäblein, dem geweissagt war,
es würde einst in höchsten Kreisen
befehligen ‘ne Engelsschar.

Nun, König ist er nicht geworden,
da lagen unsre Weisen schief.
Und dennoch ganze Menschenhorden
er zu gesalbten Füßen rief.

Die willig seiner Lehre lauschten,
vom Geist der Liebe hingerafft,
dass manche gar den Job vertauschten
und folgten ihm auf Wanderschaft.

Was für ein Licht in jenen Zeiten,
als das Gesetz des Dschungels galt:
sich mit der Klinge Recht erstreiten
und auch sein Unrecht mit Gewalt.

Er musst es mit dem Leben büßen,
ein Märtyrer der Menschlichkeit.
Die wahren Kön‘ge lassen grüßen –
vor dem Gefühl sind sie gefeit.

Doch sei’s, dass falsch verstanden haben
sie, was die Leute so geschwätzt –
dem Kind gebühren diese Gaben,
auch wenn es selbst sie nie geschätzt.

Die Trias dieser Morgenländer,
in Spanien wandelt sie noch heut;
nicht Gold-, doch Karamellenspender –
was wohl die Lütten mehr noch freut.

Kein Ruhmesblatt

Kein RuhmesblattEs ist nichts Großes vorgefallen.
Es war ein Tag wie andre auch.
Kein Glanzobjekt für Ruhmeshallen.
Von Weltbewegendem kein Hauch.

Die Dinge, die sich immer gleichen.
Rasieren, Frühstück, Radiohörn.
Dabei stets durch die Bude schleichen,
die lieben Nachbarn nicht zu störn.

Gelegentlich das Buch sich schnappen,
in dem man dieser Tage liest,
dass sich ein weitrer guter Happen
des Textes auf die Seele spießt.

Und dass auch öfter mal die Tasse
‘nen Kaffee oder Tee enthält,
damit nicht mangels solcher Masse
die Kehle plötzlich trockenfällt!

Dazwischen ging es auf die Schnelle
zum Hamstern in den Supermarkt.
Geruhsam. Und auf alle Fälle
nicht förderlich für Herzinfarkt.

Und sonst? Ich weiß nicht. Fehlanzeige.
Beharrlich ging die Uhr im Kreis.
Die Zeit spielt’ auf der Teufelsgeige,
doch spielte sie unendlich leis.

Da war es auch schon Nacht geworden.
Ein langer Tag wie weggewischt.
Kein Deichbruch, keine Hunnenhorden.
Wie eine Kerze, die erlischt.

So muss es denn als Gipfel gelten,
wenn abends ich den Musen dien,
um vor der neun Geschwister Welten
mit Worten, myrrheschwer, zu knien.

Das ist das Opfer, das dem Tage
auch heut ich wieder zelebriert.
Und das ich niemals mir versage –
weil ja zum Glück nie was passiert.