Schlagwort-Archive: Nikolaus

Freie Sicht garantiert

Freie Sicht garantiertO diese Fläche, die sich kräuselt,
im Schlag der Welln nie stillesteht,
die, wenn der Wind nur leise säuselt,
zur leichten Gänsehaut sich bläht

Doch hoch sich türmt zu schweren Wogen,
wenn Zorn den Blasebalg ihm schwellt
und fern des Horizontes Bogen
in Zacken auf und nieder fällt –

Was kann ich ihr denn abgewinnen,
der grenzenlos gefurchten Flur,
in der nur salz’ge Fluten rinnen,
aus denen nie ein Hälmchen fuhr?

Dass von den Meeren dieser Erde
ich keinem je so nahe dran
und ich Poseidons wilde Pferde
im Schlaf noch schnauben hören kann!

Das Wasser steht mir bis zur Schwelle,
doch friedlich mir die Füße leckt,
die außerdem für alle Fälle
im ersten Stock sich noch versteckt.

Bin hier in meinem Elemente
und freu mich wie ein Nikolaus –
der alte Küstenfreak in Rente
mit Meer und Sonne achteraus!

Und bloß der Sandstrand noch dazwischen –
die See, die See, so weit man schaut.
Da kann kein Hai im Trüben fischen,
dass er den Ausguck mir verbaut.

Abendstille an Nikolaus

Abendstille an NikolausSo undurchdringlich ist die Stille,
als hätt die Ohren ich verstopft,
dass in des Lauschens Wunsch und Wille
der Puls nur seine Seufzer klopft.

Verlass mich also auf die Augen,
die Außenwelt zu kontaktiern,
doch wolln auch sie mir nicht mehr taugen,
so voll von Schleiern und von Schliern.

Vom Nebel? Doch woher dies Flirren
wie Hitze, wenn die Sonne brennt?
Nein, feinste Flöckchen sind’s, die schwirren
vom schneeverhangnen Firmament!

Ich schau und seh die Bürgersteige
schon weiß von ihrer frischen Last
und auch die Äste und die Zweige
mit Kandiskrusten eingefasst.

Die paar Karossen, die noch fahren,
bewegen sacht sich, mit Respekt,
darüber sichtlich sich im Klaren,
dass Eis an ihren Sohlen leckt.

Schon schnitten sie sich eine Schneise
durch diese kristalline Schicht,
zwei breite parallele Gleise,
die funkeln im Laternenlicht.

O dieses Tuch, das alle Maße
gewebten Leinens übersteigt,
es macht den Anblick solcher Straße
romant’schen Seelen selbst geneigt!

‘ne Handvoll Schnee, und schon verwandelt
in einen Festsaal sich die Welt,
die, von Asphalt und Stein verschandelt,
so die Natur zurückerhält.

Die Stille scheint noch zuzunehmen –
als hielte wer den Atem an,
weil da miteins noch Dinge kämen,
die der Verstand nicht fassen kann.

Wer weiß, wenn endlich dann inmitten
der Nacht der letzte Laut verklang,
fährt ungesehn mit seinem Schlitten
der heil’ge Nikolaus hier lang!

Weißer Nikolaus

Weißer NikolausEin bisschen bunter die Fassaden,
und schon sehn freundlicher sie aus –
wie erst, wenn sie die Füße baden
im ersten Schnee zu Nikolaus!

Wenn auf und ab die Fensterbänke
ein blütenweißes Deckchen schmückt,
als hätten alle Wäscheschränke
ihr feinstes Linnen rausgerückt

Und statt der schiefergrauen Pfannen,
die da wie Karos aufgesteckt,
ein einz’ges Tuch von tausend Spannen
ganz sauber alle Sparren deckt.

Und was an der Gebäude Saume
als Fluss sich windet von Asphalt,
verborgen liegt es unterm Schaume,
der weiß ihm übern Nacken wallt.

Wie wunderlich auch anzusehen,
die doch entblößt der Blätterfall,
Platanen, die auf einmal stehen
in voller Blüte von Kristall!

Der Himmel selbst, der gerne bieder
die Nacht in düstren Farben malt,
er spiegelt dieses Weiß nun wider,
in dem die ganze Erde strahlt.

Mein Viertel hier, die reinste Wüste
zu jeder andern Jahreszeit –
wie dieses Puder es versüßte,
von dem so zuckrig es beschneit!

Ein Zauber, allem Grau entgegen,
und wie enthoben Zeit und Raum!
Ich mag mich gar nicht schlafen legen:
Erwach’ vielleicht – und aus der Traum!