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Verdrängung

Es ist nicht so, dass wir nicht wüssten,
was draußen in der Welt passiert –
man saugt ja an des Bildschirms Brüsten,
der ständig Nachricht uns gebiert.

Und grad auch die der schlimmsten Sorte,
sei’s Fernsehn, sei es Internet
und sei’s auch (Vorrang noch dem Worte)
die Zeitung mit dem Druckerfett.

Da ist von Elend viel die Rede –
und Hunger hat die Nase vorn,
denn Dürre stehln und Stammesfehde
im Wechsel oft dem Volk das Korn.

Dazu geselln sich meist noch Seuchen
und helfen dem gefräß’gen Tod,
dem eine Flut von Hungerbäuchen
noch nicht genügend Nahrung bot.

Da liegen sie auf nackter Erde
und dämmern auf ihr Ende hin
und wie verstoßen von der Herde
die Lämmer wimmernd mittendrin.

Die Satten kann das nicht erregen,
sie plagen Sorgen andrer Art.
Zwar hoffen ähnlich sie auf Regen,
doch mit dem Wörtchen „warm“ gepaart.

Dann könnten endlich sie sich leisten,
was lange sie ja haben schon –
nur größer, teurer als den meisten
es möglich mit normalem Lohn.

Heißt Auto, Luxuslimousine
mit viel PS und Pipapo,
dass es der Sucht nach Neuem diene
und ihrem Ego sowieso.

Dazu vielleicht ‘ne größre Bleibe,
ein Eigenheim wär auch nicht schlecht,
„da rückt man sich nicht so zu Leibe
und lebte eher artgerecht“.

Na, und der Trip, der statt Molukken
nur immer „Malle“ im Visier?
Man könnte endlich Wale kucken,
den Panda und das Schnabeltier.

In einem Wust von Wünschen krabbeln
wie Käfer ziellos sie umher,
„ich will, ich will“ beständig brabbeln,
„sofort und alles und noch mehr“.

Es schlägt wohl manchem das Gewissen,
denkt er an seines Nächsten Not,
doch nicht so stark, dass nur ‘nen Bissen
er gäb vom „schwer verdienten Brot“.

Um Gründe sind sie nie verlegen,
um ihre Selbstsucht zu kaschiern:
„Man weiß doch, dass die Spenden pflegen
sich im Nirwana zu verliern“.

Politisch: Die zu beißen haben
sind konservativ eh’r gestimmt,
das heißt sie festigen den Graben,
der Schwächeren die Zukunft nimmt.

Und kaum berührt nur von den Leiden,
in die ihr Auge täglich taucht,
sich schaudernd an den Leichen weiden,
die’s Fernsehn für den Krimi braucht.

Gewalt und Sport, die einz’gen Dinge,
die unserm Spießer heilig sind,
dass stets er wie im Spiel verbringe
sein Leben froh und faktenblind.

Wen sollte es da wundernehmen,
dass jene Leiden wir nicht heiln?
Erst wenn wir uns des Reichtums schämen,
sind wir auch willens, ihn zu teiln.