Was hat in seinem Wissensdrange
der Mensch nicht alles spitz gekriegt,
und ist doch vieles, was schon lange
im Dunkeln unbehelligt liegt.
Noch offen, wenn ich mich nicht täusche,
ist die, gewiss von großem Wert,
Kulturgeschichte der Geräusche,
die uns der Laute Wandel lehrt.
Die müsste wer mal vor sich nehmen,
der mit Phonetik gut vertraut
und diesen Laut-und-leis-Extremen
historisch auf die Finger schaut.
Warn dermaleinst vielleicht die Glocken
das Lärmigste in Stadt und Land,
das Volk zum Gottesdienst zu locken,
zu warnen auch bei Sturm und Brand?
Und kommt vielleicht an zweiter Stelle
der morgendliche Hahnenschrei
als Herold erster Tageshelle
und dass es Zeit zum Placken sei?
Und dann das Rumpeln und das Knarren
als Echo eines stein’gen Stegs,
wenn reifbeschlagne Bauernkarren
mit Kraut und Rüben unterwegs?
Vernehmlich auch das Hundebellen,
das bis zum nächsten Dorfe drang,
wo selbst noch in den sichren Ställen
die Viecher furchtsam auf Empfang.
Doch glaub ich, das Gebrüll der Bullen
noch alles andre überstieg;
dagegen warn die Schweine Nullen
mit ihrm Gegrunze und Gequiek.
Der Ruf des Kuckucks, Gänseschnattern,
die Kirmes mit Gejohl und Schwof,
die Hühner, die in Panik flattern,
zeigt sich der Fuchs auf ihrem Hof.
Das wär so meine Blütenlese
an Klängen der Vergangenheit,
so eine Art von Anamnese
für dieses chron’sche Ohrenleid.
Der Pegel ist seitdem gestiegen –
wie, wüsst ich gern in Dezibel.
Maschinen in den Lüften fliegen
wie einst der Engel Gabriel.
Und auf den Straßen röhrn Motoren,
da kommt kein Sechzehnender mit,
und balzen so aus vollen Rohren
zwölf Stunden Tag für Tag im Schnitt.
O Bagger du, o Presslufthammer,
zweihundert Jahre alt noch kaum,
wie machtet ihr zur Folterkammer
seither den öffentlichen Raum!
Die Studie her – nach Zeit und Ländern,
den Fortschritt hörbar auch zu maln!
Natürlich wird sie dran nichts ändern –
doch zeigen, welchen Preis wir zahln.