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Tragödie Faust

Tragödie FaustBeim Dichten seh ich meine Hände
wohl hin und wieder flüchtig an,
doch nicht als Glied, nur als Gelände,
in das ich meinen Griffel spann.

Doch ist mir nie was aufgefallen,
sie schienen stets mir glatt und gleich,
die Finger, Flächen, Höcker, Ballen,
die ich der Welt zum Gruße reich.

Und wie auch nicht? Veränderungen,
wie sie von Tag zu Tag geschehn,
wärn Flöhn nicht mal ins Aug gesprungen,
da sie so suutje vor sich gehen.

Das ist auch eine dieser Tücken,
mit der die Lebenszeit uns narrt:
Nie sichtbar, immer hinterm Rücken
sie leise uns zum Kirchhof karrt.

Nun, jedenfalls besagte Flossen,
die mäßig mein Gemüt erregt,
fast Zügelhalter für den Zossen
nur, der mich zum Parnassus trägt

Ich hab, wer weiß was mich getrieben,
sie einmal länger angeschaut –
die Pumpe wär fast stehn geblieben,
so was von rissig und geraut!

Ein Netz von Furchen und von Falten
durchzieht des Armes Ästuar,
dazwischen, ganz in Blau gehalten,
Geäder unter Haut und Haar.

Und keine Stelle zu entdecken,
die straff noch wäre und gespannt.
Da kann man nur noch Wunden lecken –
was für ein Schlag: Altmännerhand!

Da meint man immer so im Stillen,
man hätt sich nie was vorgemacht –
bis plötzlich dann die Glocken schrillen
und schrecklich man zum Licht erwacht.

Dies Übel lässt sich nicht mehr heilen.
Der Zeitpfeil – ach, ich weiß, ich weiß!
Wie schon gesagt: Die Tage eilen –
heut Gigolo und morgen Greis.

Und keine Chance mehr, zu verdrängen,
dass so ich das Problem umkurv:
Mein Aug hält fest nun in den Fängen
die Haut und ihren Faltenwurf.

Doch glaubt nur nicht, dass ich verzage!
Ich hoffe, dass trotz alledem
die Faust noch lange in der Lage*
zu schreiben – selbst ein Requiem.

*Dabei, bekenn ich unumwunden,
auf Renoir ich mich beruf,
in dessen lahme Hand gebunden
der Pinsel so viel Großes schuf.