Im rauen Hauch der Abendstunde,
da Licht sich schon am Himmel rührt,
gehn Kinder heute ihre Runde,
die durch vertraute Gassen führt.
In Händen `ne Papierlaterne,
in der ein Flämmchen sich verzehrt,
damit sie gleiche einem Sterne,
der flackernd durch die Nächte fährt.
Mitunter gehn sie stumm und leise,
ihr Licht erhoben nur dahin,
mitunter singend eine Weise
von schlichtem Ton und schlichtem Sinn.
Als Aufgeklärte wolln wir wissen,
was das für alte Bräuche sind,
die von dem warmen Herd gerissen
nach draußen sie in Nacht und Wind.
Es ist, wird leicht man uns belehren,
die Kirche, die dahintersteckt:
Die hat ja, um sich selbst zu ehren,
schon manchen Lazarus erweckt.
Das heißt in dem speziellen Falle:
Martinus, in des Heeres Sold,
der hat, dass Satan ihn nicht kralle,
gewandelt sich zum Tugendbold.
Und gab `nem Bettler, den am Wege
er antraf vorm Erfrieren knapp,
als Lustobjekt der Armenpflege
die Hälfte seines Mantels ab.
Der Herrgott selber solche Milde
mit einer Pfründe ihm vergalt,
nachdem der Krieger, dieser wilde,
sich seinem Dienst geweiht alsbald.
Und hat ihm königlich gesegnet
des Lebens und des Nachruhms Spur –
dass ihm als Bischof Manna regnet
und Martin er wird, Sankt, von Tours.
Des Bettlers leid’ges Los dagegen
verzeichnet unsre Chronik nicht.
Er ist dem Frost wohl doch erlegen –
wofür der halbe Mantel spricht.