Auf einmal ist sie bleich geworden,
als hätt sie furchtbar sich erschreckt.
Ein Wind, ein kalter her von Norden,
hat plötzlich sie mit Schnee bedeckt.
Die grad noch mit lebend‘ger Krume
ersehnt des Frühlings Gegenwart,
liegt bläulich nun im Witwentume
unter ein Leichentuch gebahrt.
Die Erde, deren erste Blüten
das Mandelbäumchen schon geborn!
Doch wie die Frühchen nun behüten,
da sie ja selber steif gefrorn!
So reglos ruht sie unterm Laken,
das ihre Züge uns verhüllt,
wie alle, die zu Tod erschraken,
von namenloser Angst erfüllt.
Ich aber stapfte durch die Stille,
die ich so wunderbar empfand,
als hätt des Winters Wunsch und Wille
sie eigens nur für mich gesandt.
Der Boden knirschte untern Sohlen.
Ein Rascheln hier und da im Laub,
wenn eine Amsel floh, verstohlen,
‘nen Tüpfel Schnee versprüh’nd wie Staub.
Gehäufelt auf den dunklen Zweigen
lag er als schmaler Zuckerguss –
wie Tänzer, die auf Seile steigen,
wo man Balance halten muss.
Der Himmel war in Schlaf gesunken,
Gewölk der Sterne Lid verschloss,
vom Wege blitzten feine Funken,
wie mit dem Huf sie schlägt das Ross.
Da wurde milder schon mein Kummer,
dass unter Frost die Erde stöhn –
Schneewittchen gleich lag sie im Schlummer
und wie Schneewittchen auch so schön.
Des Winters neuerliches Walten:
Nur flüchtig greisenhaft Gelüst.
Prinz Frühling ist nicht aufzuhalten,
der bald sie aus der Kiste küsst!