Wie viele Stunden ließ sie schwelen
ihr stilles Leuchten überm Blatt –
es dürfte wohl nach Jahren zählen,
so warm und gelb und matt!
So selbstverständlich ist’s gewesen,
dass ich ihr nicht mal Dank gewusst,
wenn ich beim Schreiben oder Lesen
nie Licht entbehren musst.
Erst jetzt, da sie ihr treues Walten
mir plötzlich unverhofft entzog,
kann ich des Lobs mich nicht enthalten,
wie schwer ihr Wirken wog.
Sie starb. Die Birne, müsst ihr wissen.
Nichts hält ja für die Ewigkeit.
Jäh ist der Faden ihr gerissen.
Wie allem mit der Zeit.
Was tun, dass ich in der Kombüse
nicht tatenlos im Düstern sitz?
Nach kurzer Lage-Analyse
dann dieser Geistesblitz:
Ich muss nur in der Kiste kramen,
wo Kerzenstummel eingelocht –
aus der sie auch zum Vorschein kamen
mitsamt intaktem Docht.
Indes anstatt zu triumphieren
in ihrem frisch entfachten Brand,
schien diese Flamme sich zu zieren,
so zitternd sie sich wand!
Wie rührend war es anzusehen,
wie dieses talgige Relikt
mit menschenmütterlichen Wehen
sein Fünklein fortgeschickt!
Da schaute ich der Lampe Strahlen
miteins in einem andern Licht,
die sich durch Ruhe stets empfahlen,
aus der fast Kälte spricht.
Die Kerze aber, halb zerflossen,
so blutleer und so leichenblass,
so starr in ihre Form gegossen
wie’n Ring ums Eichenfass,
Schien einem Wesen mir zu gleichen
von wundersam sensibler Art,
das in dem Leib, dem wächsern weichen,
ein pochend Herz bewahrt.
Das Flämmchen seh ich munter zucken
und seh sein schillernd Farbenspiel –
geduldig auch die Tunke schlucken,
in die das Wachs zerfiel.
Und dann der Duft, den sie verbreitet –
so mild und so balsamisch fein,
der wohlig in die Nüstern gleitet
bis hoch ans Nasenbein!
Und wie ihr Blut in dicken Tropfen
vom Rande der Lagune quillt,
sich wulstig auf den Fuß zu pfropfen,
der stalagmitisch schwillt,
Da ihr das Feuer flüstert „Schrumpfe!“
und ihren weißen Leib begehrt
und sie sich bis zum dünnsten Stumpfe
der Sichtbarkeit verzehrt!
Mehr will ich, Leser, nicht verraten,
den Rest errätst du selber schon.
Tipp: Leben versus Automaten,
Natur statt Silikon.
In Zukunft nur noch diese Quelle,
braucht nächtlich meine Feder Licht –
kein Optimum an Lux und Helle,
doch zünftig fürn Gedicht!