Schlagwort-Archive: Totenuhr

Ziemlich blauäugig

Ziemlich blauäugigGenetisch gleichen den Schimpansen
und psychisch wir den Wölfen mehr,
doch nennen Meier uns und Hansen
und tun uns mit den Tieren schwer.

Ja, schmeicheln uns, als Sonderposten
im Sortimente der Natur
von gleicher Lethe nicht zu kosten
wie Elefant und Totenuhr.

Nur weil die Schöpfung uns Gedanken
allmählich im Gehirn entfacht,
an denen wir doch eher kranken,
als dass sie je uns Glück gebracht.

Denn böse waren’s mehr als lichte,
die herrschten übern Menschengeist –
wie ’n Blick nur auf die Weltgeschichte
als blut’ge Wahrheit es erweist.

Um des geringsten Vorteils willen
schlug man sich schon die Birne ein,
und niemals war die Gier zu stillen
nach Reichtum, Macht und Hudelei‘n.

Auch darin glich man noch dem Tiere,
dass aufgeplustert wie zur Balz
man sich in dieser Horrorschmiere
geschmückt vom Hintern bis zum Hals.

In Samt und Seide die Prälaten,
in Purpur, was sich König nennt,
das heißt ein Aufzug von Primaten,
wie ihn nur diese Bühne kennt.

Und alle flitzten wie die Irren
stets um das goldne Kalb herum,
um es vor ihren Karrn zu schirren
als Zugpferd für ihr Gaudium.

Man gab sich fromm. Doch nicht in Taten.
Da stach man ab nach Herzenslust
und ließ das Fleisch im Feuer braten –
die Helden- wie die Hühnerbrust.

Erst kurz vorm unseligen Ende
man in das Horn des Friedens stieß,
gab Hab und Gut in Pfaffenhände
als Schmiergeld für das Paradies.

Abstruser kann man wohl nicht denken
in eitler Selbstgefälligkeit,
als einen Krümel Dreck zu schenken
dem Schöpfergott von Raum und Zeit.

Und so ‘nen Lohn sich zu erhoffen,
der alles Ird’sche übersteigt –
das Tor zum ew’gen Leben offen,
die Todesfuge ausgegeigt.

Die Wahrheit ohne Lobgehudel:
Der Mensch, wenn er nicht angeleint,
ist bissig wie der Wolf im Rudel
und gegen den gestellten Feind.

Er ist ein Teil des Stirb und Werde,
da beißt die Maus kein’n Faden ab.
Und sicher auch der Herr der Erde –
für seine achtzig Jahre knapp.

In die Nacht versunken

In die Nacht versunkenVon blassem Blau der Himmelsbogen,
Gewölk aschfahl ihm eingebrannt.
Und Rosa, um den Rand gezogen
der Sonne, die nie tiefer stand.

Es spielt noch Wind in den Platanen,
wirr flattern Blätter ums Geäst.
Die auf dem Nachbardach, die Fahnen,
bläst er beharrlich nach Nordwest.

Unmerklich steigt um die Gemäuer
der Finsternis verzehr’nde Flut.
Die Sterne schüren schon ihr Feuer,
für Stunden reichen muss die Glut.

Die Stille fängt sich in den Ohren,
dass es darinnen raunt und rauscht.
Man hört die Totenuhr wohl bohren,
wenn tief man in die Schränke lauscht.

Nur schade, dass der Amsel Kehle
nun keine Lieder mehr entfliehn,
wie hätten sie der Stille Seele
die schönste Stimme doch verliehn!

Indes ich so in Geistesfernen
den Musen eifrig ging zur Hand,
versah mit tausenden von Sternen
die Welt ihr schwarzes Nachtgewand.

Und wie ich staunend noch vermerke,
wie ungestüm der Fluss der Zeit,
befällt mich schon mit sanfter Stärke
das süße Gift der Müdigkeit.

Was noch zu glätten wär und feilen,
ich heut nicht mehr erled’gen muss.
Nur noch zum Zähneputzen eilen –
prosaisch jedes Mal der Schluss.