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Ein Held unserer Zeit

Der macht was herGeschäftsmann nennt er sich verschwommen
mit selbstgefäll’gem Unterton.
Wer würde mehr Kredit bekommen
in dieser Welt der Illusion?

Wo Mammon spielt die erste Geige,
sitzt er Fortuna auf dem Schoß,
denn dies „Dich unersättlich zeige!“
beherrscht er wirklich virtuos.

Wer fragt da noch nach den Objekten,
mit denen er gesund sich stößt?
Nie irgendwelche Makel fleckten
die Weste, die nur halb entblößt.

Ob’s Klampfen sind oder Kanonen,
ihn ohnehin nicht int’ressiert,
wenn nur im Umfang von Millionen
ihm auch sein Reibach garantiert.

Der schlimmste aller Parasiten,
der diese Kugel je befiel,
ist der mit goldenen Renditen
und Klimperkram als Lebensziel.

Er stopft nur in die eigne Tasche
und fühlt sich nicht einmal als Dieb –
macht’s ja nach der legalen Masche,
dem „ökonomischen Prinzip“.

Das heißt so viel wie: Investiere
in jeden Deal nach Herzenslust,
denn Vater Staat steht fleißig Schmiere,
damit du dich nicht fürchten musst.

Verantwortung musst du nicht tragen
für irgendwas und irgendwen –
du kannst dich in die Büsche schlagen,
wenn die Profite baden gehen.

Weltweit. Denn über alle Schranken
setzt sich hinweg das Kapital,
dem wir die Toleranz verdanken,
wie Vespasian sie schon empfahl.

Dies also aller Erdenländer
derzeitig heil’ge Leitfigur:
Monopolist für Bratenwender,
Diätengott der Hungerkur.

Und unsre blöde Menschenmasse,
geblendet von dem Firlefanz,
sieht nur die pralle Ladenkasse
und widmet sich dem Kälbertanz.

Nur weiter, Avignon lässt grüßen!
Als einst man tollte dort und trank,
brach unter wilden Veitstanzfüßen
die Brücke, die im Fluss versank.

Zeitweise friedlich

Ziemlich friedlichWie warm und wohlig strahlt die Stille
in jeden Winkel dieser Stadt,
als wär es Gottes Wunsch und Wille,
dass Zions Frieden sie schon hat.

Die Fahne lässt die Flügel hängen
und plustert sich nicht mehr so auf:
Kein Sinnbild mehr den Schlachtgesängen,
dem patriot’schen Amoklauf.

Die Fahrfrequenz rapid gesunken
auf dem asphaltenen Parkett.
Vom Himmel glühen Sternenfunken
durchs löcherige Wolkenbett.

Kein Regen, der mit rüdem Rauschen
sich bleiern in die Ohren bohrt,
kein Nieseln, das bei langem Lauschen
wie Flüstern das Gehör umflort.

Kein Wind zerrt wütend an den Zweigen
und peitscht sie ziellos vor sich her,
dass diesen tollen Tanz sie zeigen,
wie er St. Veits wohl würdig wär.

Ließ man den Augenschein nur gelten,
man gäbe jenem Weichkeks recht,
der von der besten aller Welten
französisch-deutsch geradebrecht.

Doch nichts ist echt an dieser Schönen,
Fassade alles, Pappfigur.
Dahinter haust das große Stöhnen.
Man hört es mit dem Herzen nur.