Verschlankung

VerschlankungVon Bürgern hör ich heut noch reden,
die mit ‘nem Ausweis man erfass,
doch morgen sehe ich schon jeden
mit einem Konsumentenpass.

Der hat nicht nur so wie bei Waren
das Datum des Verfalls notiert,
nein, speichert auch noch das Gebaren,
mit dem sein Eigner konsumiert.

Denn zum Gesetz hat man erhoben,
dass jeder möglichst viel verbraucht,
damit der schwarzen Gang da oben
der Schornstein immer fröhlich raucht.

Drum ist der Pass auch abgelaufen
schon binnen einer Jahresfrist
und wird erneuert, falls beim Kaufen
zumindest man im Soll noch ist.

Dies aber weiter anzuheizen
nachhaltig mittels Bild und Ton,
wird wen’ger noch mit Werbung geizen
in Zukunft man als heute schon.

Dazu hat man die Werbezeiten
im Fernsehn so weit angeschwellt,
dass zu Minuten-Winzigkeiten
der schönste Spielfilm noch zerfällt.

Das wird auf uns herunterrieseln
wie Schnee und Regen, ungefragt,
dass dauernd wir in Läden wieseln
zur unfreiwill’gen Schnäppchenjagd.

Für Bürgerrechte, schwer errungen,
gibt’s nicht einmal mehr ein Gericht.
Statt dessen wird uns aufgezwungen
das strenge Joch der Kundenpflicht.

Es dreht um Preise und Produkte
das Lebenskarussell sich nur –
und wehe, wenn da einer muckte,
man schickte ihn zur Koofmich-Kur!

Die Armen werden immer ärmer,
indes man stetig wachsen sieht
das Säckel jener Wirtschaftsschwärmer,
die nichts im Brägen als Profit.

Doch wer soll daran Anstoß nehmen?
Das pralle Konto ist ja Kult,
und wer nichts hat, soll sich was schämen:
An Elend ist man selber schuld.

So reden sich heraus die Reichen,
so ihr moral’sches Feigenblatt:
Dem Ärmsten soll man noch mehr streichen,
da ohnehin er faul und satt!

An ihrer kurzen Leine halten
die Bosse mit geballter Kraft,
den Staat ersetzend und sein Walten,
die ausgepresste Bürgerschaft.

Verschlankt und in den Tod getrieben
nebst allen Pflichten, angestammt,
ist als sein letzter Rest geblieben –
nur das Skandalvertuschungsamt.

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