Von Lauten und Leisen

Von Lauten und LeisenGewiss, gewiss, wenn es beim Sprechen
um die Geschwindigkeit nur ging,
wär ich mit meinem Radebrechen
wohl ein verträumter Schmetterling.

Ich lad nicht gerne meiner Zunge
des Vollbluts leichten Sattel auf,
dass sie mit wahrer Pferdelunge
den Laberlorbeer sich erlauf.

Eh’r teil ich in bedächt’gem Trabe
mit sicherem und festem Schritt
das, was ich so zu sagen habe,
dem Lauscher gegenüber mit.

Und immer in der Muttersprache,
was sich für mich von selbst versteht,
da ich ‘ne andre nur als Brache
des Worts besitz, die dünn besät.

Doch andre Völker, andre Sitten.
Vielleicht bin ich ein Sonderfall.
Denn Nacht für Nacht sitz ich inmitten
der Nachbarn wüstem Redeschwall.

Der einerseits der Schnelle wegen
und andrerseits der Klanggewalt
mir niemals nur als Abendsegen
für ungetrübten Schlummer galt.

Ja, ungewollt sein Ohr geliehen
dem Donner, der die Stille bricht,
erfährt’s, was hinter Jalousien
verborgen sonst vorm Tageslicht.

Doch um es ehrlicher zu sagen:
Verstehn tu ich’s nur insoweit,
als öfter jemand platzt der Kragen
im fortgesetzten Ehestreit.

In diesen Breiten, zugegeben,
geht man mit Lärm zwar freier um,
doch wenn so hoch sich Stimmen heben,
nimmt man’s auch hier den Leuten krumm.

Daraus zieh ich für mich die Lehre:
Auch hier wär jetzt die Stille tief –
wenn halt nicht dieses Klopfen wäre
am Haussegen, der wieder schief.