Kurz vor Mitternacht

Kurz vor MitternachtDes Tages letzte Staffelstunde
biegt in die Zielgerade ein.
Paar Schritt noch auf dem Ziffernrunde,
dann streift die Zwölf ihr Zeigerbein.

Das Publikum ging meist schon pennen
und suchte seine Träume auf.
Int’resse fürn Routinerennen
nicht so wie beim Silvesterlauf.

Das große Schweigen der Tribüne.
Die Einsamkeit der Aschenbahn.
Er kämpft für sich, der Zeitenhüne,
doch nagt auch mit ‘nem Affenzahn.

Bin ich denn heute gar der Letzte,
der zusieht, wie er rastlos rennt?
Zumindest einer, der ihn schätzte
als Streiter stets, der konsequent.

Das Zielband Mitternacht zerrissen,
und er stürmt weiter ohne Halt.
Kein Läuferlohn im Ruhekissen,
kein Korken, der dem Sieger knallt.

Ein bisschen kann ich nachempfinden,
wie jener sich wohl fühlen muss,
da mir hier auch die Stunden schwinden
in dunklem, unbemerktem Fluss.

Ich hock im dämmerigen Zimmer,
in das sich kein Besuch verirrt.
Von draußen nur Laternenschimmer;
‘ne Motte nur, die mich umschwirrt.

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