Illusion

IllusionSchon geht die Uhr auf Mitternacht.
Gleich ist die Flasche leer.
Das weiße Windlicht flackert sacht
im Zug vom Fenster her.

Der Lärm des Tages abgeflaut.
Die Autos wo versteckt.
Gäb die Zikade jetzt noch Laut,
die Stille wär perfekt.

Die Schwüle immer noch nicht schwand.
Das Hemd am Halse feucht.
Der Himmel wölbt sich übers Land
mit kaltem Sterngeleucht.

Gemächlich zieht ein voller Mond
im Bogen seine Bahn,
der groß in seinem Hofe thront,
doch ohne Untertan.

Die Küche hier, mein Studio,
wenn mich der Hafer sticht,
das heißt zu essen sowieso,
doch auch für ein Gedicht

Döst friedlich unterm Firmament:
Wie’n Fels, der Tonnen wiegt,
nicht Hagel, Sturm und Kälte kennt
und keinen Schnupfen kriegt.

Doch nur Oase, nur Asyl
im Meer von Furcht und Leid,
im Stern- und Galaxiegewühl,
aus dem das Chaos schreit.

Was mich nicht hindert am Genuss
der Speisen, die sie birgt –
der auf den lyrischen Erguss
gewöhnlich stärkend wirkt.

Zög sich das ewig in die Läng,
es wär genau mein Fall:
Ich tränke, träumte und ich säng
mich durch das ganze All.

Nie stellt sich Langeweile ein,
zu schreiben wär genug;
bis an den Rand von Sein und Zeit
reicht der Gedankenflug.

Auf jedes Stäubchen, kosmosweit,
macht ich mir meinen Reim
und schließlich die Unendlichkeit
zum Hause mir und Heim.

O Schreck, verplaudert wieder mal!
Vergesst, was ich geschwätzt!
Nur weil in unser Fleisch der Pfahl,
der Totenkopf geätzt!

Jetzt aber schlafen, spät ist spät.
Da die Plejaden schon!
Die Welt, wie sie sich ewig dreht –
ach, keine Illusion!

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