Heut Abend

schlandHeut Abend kann ich Ruhe tanken,
kein Hupkonzert die Welt beglückt.
Der Fußball lässt sie falln, die Schranken:
Die ganze Menschheit spielt verrückt!

Kaum dass der Schiri abgepfiffen
und deine Mannschaft hat gesiegt,
wird auch zum Lenkrad schon gegriffen,
sich in den Fahrersitz geschmiegt

Um in den Korso sich zu reihen,
der lärmend das Quartier umkreist
und mit frenet’schen Jubelschreien
Verstand für seinen Sport beweist.

Die Jagd nach diesem heil’gen Grale,
dass der WM man Erster sei,
geht bald schon weiter: Halbfinale.
Und Schwarzrotgold ist auch dabei!

Dass nach dem Spiel mir übermorgen
bevorsteht eine heiße Nacht,
weiß Gott, ist dringend zu besorgen,
weil „Schlaaand“ ganz schön Furore macht.

Seht in mir gleichsam denn zwei Seelen
in ihrem faust’schen Widerstreit:
die eine, die Geräusche quälen,
die andre, die berauscht verzeiht.

Wie kann den Knoten ich zerhauen,
dass ich der Wirrung mich entwind?
Nach Mittelchen und Wegen schauen –
und hopp, bevor der Tag beginnt!

Nach einem Matchgewinn ‘n Pfropfen,
der mir die Lauscher fest verschließt?
Nein, besser sie mit Wein verstopfen,
der Schlummer in die Kehle gießt!

Dies Mittel trug schon viele Male
mich sicher fort aus Zeit und Raum.
Anstatt Radau denn und Randale –
ein ungetrübter Fußballtraum!

So kann ich doppelt nun genießen,
was man die Abendstille nennt:
die heute ohne Toreschießen,
die morgen, wenn die Hütte brennt.

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