Mammonitis

MammonitisAuf einmal in die Welt geschmissen,
als ob du einen Dreck nur giltst,
wolln alle plötzlich von dir wissen,
wie diese du verändern willst.

Denn jene, die darin schon hocken,
ha’m dafür selber kein Rezept
und wolln der Neugeburt entlocken,
was sie an Weisheit mit sich schleppt.

Um eine Antwort nicht verlegen,
orakelt unser Frischling frei
mit flinken feuchten Zungenschlägen,
dass Pampe wohl das Beste sei.

Und, bitte sehr, die Neunmalklugen,
schon haben sie ihr Lustobjekt
und lehrn, die Welt ging aus den Fugen,
wenn man nicht fleißig Pampe schleckt.

So, etwas überspitzt gesprochen,
nimmt Überzeugungen man an –
so einfach übers Knie gebrochen,
nicht lange fragend, was daran.

Das sind mir schöne Kantianer:
Die reinste Feigheit vorm Verstand!
Der tapfre Königsberger Mahner
hätt sich mit Grausen abgewandt.

Auch heut noch tappt die Menschenmasse
im Dunkel der Unmündigkeit
wie’n bäuerlicher Hintersasse
zur gnadenreichen Gutsherrnzeit.

Wobei man jetzt nicht mit der Knute
die krit’schen Geister überzeugt,
dass nur zum Wohl von Herrn und Gute
man schweigend seinen Nacken beugt.

Nein, kaum dem Junkerjoch entkommen
und aller Obrigkeiten frei,
hat man ein neues angenommen,
dass Mammon untertan man sei.

Und nur aufs Fressen ausgerichtet
wie jeder Straßenköter auch,
am höchsten man das Moos gewichtet
als nöt’ges Polster fürn Verbrauch.

Und falls sich mal den „höhren“ Fragen
die satte Seele stellen mag,
dann weiß sie noch aus Kindertagen:
Die Antwort kennt der Kirchentag.

So futtert man sich durch das Leben
wie durch die süße, dicke Wand,
nach der die Schlemmer alle streben
zum Durchbruch ins Schlaraffenland.

Doch fortgesetzte Paradiese
(erst irdisch, dann im Himmel wo)
entspringen nur der Expertise
des Geists auf bloßem Wunschniveau.

In Wirklichkeit weiß kein Schamane,
egal von welchem Betverein,
ob wir nach Charons düstrem Kahne
erneut uns in den Stammbaum reihn.

Gewiss ist nur, dass uns schon morgen
Freund Hein die Rechnung präsentiert.
Wird Mammon uns fürn Aufschub borgen?
Ja, wie ‘ne Jungfrau, die gebiert.