Nächtlicher Besuch

Nächtliche BegegnungVielleicht hat jemand, der in Hast,
in einer Ziffer sich geirrt,
dass grad, da er den Hörer fasst,
gewahr er seines Fehlers wird.

Und diesen wieder fallen lässt,
als hielt in Händen er die Pest,
um sich in Kürze zu besinnen
und dann von vorne zu beginnen.

Vielleicht auch hat von einst Vertrauten
’nen neuen Anlauf wer gewagt:
“Lass wieder mal von dir verlauten“ –
und dann doch noch – „Was soll’s?“ – verzagt.

Vielleicht war auch wer in Gefahr
und dieses gar ein Hilfeschrei –
„Hey, Baby, die Versuche spar,
aus diesem Spiel kommst du nicht frei!“

Ein Scherz vielleicht, den sich erlaubt
wer an mir Armem auszulassen,
und mich der Stille so beraubt
auf meines Geistes Mondscheingassen?

Nur einmal kam der Klingelton,
nur einmal, kurz und schrill.
Dann lag das gute Telefon
wie vorher stumm und still.

Die Nacht war schwül, die Nacht war schwer,
erstickte jeden Schlaf.
Ich wälzte mich nur hin und her
und träumte, wie sich‘s traf.

Da wurd ich irgendwann geweckt
von einem vagen Laut.
Ich hab mich fast zu Tod erschreckt
und ängstlich nachgeschaut.

Im Hemdchen hockte, weiß wie Schnee,
von hellem Haar umwallt,
im bleichen Schimmer des PC
’ne kleine Geistgestalt.

Mein Engel war’s, dem Freund entflohn,
zu nächt’gen bei mir heut.
Ich dachte gleich ans Telefon –
und hab mich still gefreut.