Auf Tuchfühlung

Auf  TuschfühlungMit wem wir auch gemeinsam wohnen
auf engstem Raume, Wand an Wand,
zu knüpfen scheint sich nicht zu lohnen
mit ihm ein enges Freundesband.

Den Nachbarn gegenüber grade,
der täglich unsre Scholle teilt,
betrachten wir als flau und fade,
weil da er statt woanders weilt.

Von diesem Phänomen uns Kunde
ja Jesus schon gegeben hat:
dass Weisheit aus Prophetenmunde
nichts gilt in seiner Heimatstadt.

Und so auch hier: Kaum kurz berochen,
schon wieder wird Distanz gewahrt.
Die ist bis heute ungebrochen –
und hat schon ‘nen Viermonatsbart.

Ich hör es schwatzen, schimpfen, scheppern,
wie Wasser läuft, ein Stuhl gerückt,
auch manches Eh’geschirr zerdeppern –
na, wie man halt den Tag so pflückt.

Doch wie ein Hörspiel, ohne Bilder
und ohne Stimmen, die man kennt –
als ob ein Radio mir schilder‘
Geschichten aus dem Orient.

Heut endlich der Kontakt, der späte:
Dem Nachbarn flog etwas davon –
von seinem Wäscheständer wehte
ein Handtuch mir auf den Balkon!

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