Da hilft kein Beten

Um zwölf Uhr mittags Glockenläuten,
wie stets dem Herrn zu Lob und Dank,
doch nicht zu sammeln die verstreuten,
die Schäfchen auf der Kirchenbank.

Denn diese Zeit der großen Plage,
die auf dem Globus rings grassiert,
will, dass man den Kontakt versage,
mit wem man auch kommuniziert.

Warum sie in die Luft sich schwingen
mit ihrem regelmäß’gen Ruf?
Wohl in Erinnerung zu bringen,
dass Gott auch diese Seuche schuf.

Doch sicher auch, dass die Gemeinde
nicht ohne Hirt im Regen steht,
der jetzt zur Rettung vor dem Feinde
zum Himmel klöppelt sein Gebet.

Erfreulich, dass die Quarantäne
er nicht mit seinem Credo tauft
und als Johanni Horrorszene
als biblisch avisiert verkauft.

Und auch nicht wie in frühren Krisen
der Ärzte Kunst beiseiteschiebt,
als strikt man auf den Herrn verwiesen,
der heilt und hilft, wie’s ihm beliebt.

Man wär gewiss in Prozessionen,
die Himmelsjungfrau vorneweg,
in allen Stadt- und Landregionen
umhergezogen zu dem Zweck.

Um sich mit brausenden Chorälen
voll Inbrunst und voll Gottvertraun
als reu’ge Sünder zu empfehlen,
die auf des Höchsten Gnade baun.

Die Tradition ist ungebrochen,
doch längst nicht mehr der Pest geweiht.
Man pflegt sie in den Osterwochen
beim Schweigemarsch im Büßerkleid.

Doch diesmal plötzlich lange Nasen –
der Umzug samt dem Straßenfest
ist vorsichtshalber abgeblasen
des Virus wegen, dieser Pest.

Maria muss den Schuppen hüten:
Erhöhte Infektionsgefahr.
Wie lange auch die Viren wüten –
Nolimetangere. Ein Jahr!