Dachschmuck

DachschmuckAuf hohem Dache eine Fahne,
die aus drei Farben wohl besteht.
Aus Schwarz, das ich nur dunkel ahne,
aus Gelb und Rot. Die Fahne weht.

Schon ist die Nacht hereingebrochen.
Die Fahne, ganz in Licht getaucht,
glänzt bleich und blutlos wie ein Knochen,
wie heiß ihn der Samum behaucht.

Am Mast, stocksteif und aufgeschossen,
bewegt verknittert und verbeult
ihr buntes Tuch sich unverdrossen
im Wind, der übern Dächern heult.

Darüber als ein luft’ger Rahmen:
Der graue Himmel, weit und hohl.
O wie viel Hass in ihrem Namen,
o wie viel Blut für ein Symbol!

„Bei dieser Fahne will ich’s schwören!“
„O heilig vaterländisch Tuch!“
„Die Farben, die nur uns gehören!“
„Dem Feind und seinem Fetzen Fluch!“

Das hebt den Menschen ab vom Tiere:
Er beißt nicht los wie’n scharfer Hund.
Bevor er höhnt und kreischt „Krepiere!“,
braucht sein Gewissen einen Grund.

Der Gründe gibt’s indessen viele,
daran wird niemals Mangel sein –
und so ein Stoff an steifem Stiele,
der reiht sich da ja nahtlos ein.

Verletzlich ist des Menschen Ehre,
die sich an tausend Dinge hängt
mit bleierner und blinder Schwere
– und tödlich, fühlt sie sich gekränkt.

Ach, was für düstere Gedanken!
Gewiss bin ich nur eingenickt,
dass kurz in einen Traum sie sanken,
den mir ein böser Alp geschickt.

Nun weiter ohne abzuschweifen:
‘ne Fahne hell im Strahlerlicht.
Wie hübsch die beiden farb’gen Streifen!
Den schwarzen Streifen sieht man nicht.