Des Abends Schweigen

Des Abends SchweigenDes Abends Schweigen, unverfroren
wie das des Täters vor Gericht.
Ich bin zum Richter nicht geboren,
hab keine Ahnung, wie man’s bricht.

Da drüben Fenster, die vertränen
ihr Gelb aus Zügen, so erstarrt,
als wärn versteinert sie im Sehnen,
das längst mehr keiner Zukunft harrt.

Am dachgezackten weiten Himmel
zeigt in Vollendung sich die Nacht –
kein Feuerfunkensterngewimmel,
wie Kohle alles, Flöz und Schacht.

Das lust’ge Blattspiel der Platanen
verdarb der Wind, der sich empfahl.
Kein Stau mehr auf den Autobahnen.
Kein Keuchen mehr im Krankensaal.

Die Möwen sind zur Ruh gegangen,
die Amseln taten’s ihnen gleich.
Die Hühner hocken auf den Stangen,
die Frösche um den Gartenteich.

Sie alle nahmen in den Schlummer
die Sorgen ihres Daseins mit,
die Küchenschabe und der Brummer,
der Weisel mit dem Bürstenschnitt

Der Marder auf dem Trockenboden
und Kumpel Maulwurf unter Tag,
der Regenwurm in Löss und Soden,
die Kokke unterm Zahnbelag.

Nie werd ich ihr Geheimnis lüften,
mit fester Faust bewahrt’s die Nacht,
die alle Wohnungen zu Grüften,
das Schweigen zum Mysterium macht.

Ja, selbst die Musen müssen schlafen,
neun Schwestern hübsch in Reih und Glied.
Zum Zähln von goldbevliesten Schafen
beflügle sie dies Wiegenlied!

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