Des Dauphins Tod

Des Dauphins TodNach einer Erzählung von Alphonse Daudet,
Briefe aus meiner Mühle, 1869

Da lag er schon auf Tod und Leben
in seinem Pfühle, lilienbleich,
dem doch dereinst zu übergeben
als Erbprinz dieses Königreich!

Die Mutter rang um ihn die Hände,
die Ärzte rangen blind um Rat,
doch umso mehr ging es zu Ende
und litt der kleine Potentat.

Auf Mittel sann er selbst und Wege,
wie seinem Range sie geliehn,
und kam auf eine Krankenpflege,
die ihm sehr überzeugend schien.

„Soldaten stellt mir hier ins Zimmer
und stellt Kanonen mir vors Tor –
das schützt, wie stark er sei auch immer,
vorm Tode mich mit ihrem Rohr!“

Da nahte, ihm ins Ohr zu flüstern,
der Beichtiger und Hofkaplan,
und unser Prinz, noch lebenslüstern,
sprang in ‘nen andern Rettungskahn.

„Und wenn wir einen Diener bäten,
dass er statt meiner sterben wollt,
indem auch wir ihm Gutes täten
mit einem Beutel voller Gold?“

Der Geistliche war gleich zur Stelle,
dass er die Frage ihm verneint
und ihn belehrte auf die Schnelle,
dass man vor Gott nur selbst erscheint.

„Wohlan!, so lasst mich prächtig kleiden
für den Empfang an seinem Thron –
ist ja mein Vetter, wird mich leiden
und hilft ins Paradies mir schon!“

Und wiederum, ihn zu ermahnen,
sprach unser Priester auf ihn ein:
dass trotz der königlichen Ahnen
Gott schaue nur aufs Herz allein.

Da warf er sich zur Wand der Kammer
verzweifelt schluchzend plötzlich hin
und schrie in seinem ganzen Jammer:
„Was nützt’s dann, dass Dauphin ich bin?!“

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