„Ich hân mîn lêhen, al die werlt!“,
so jauchzte einst ein Dichtermund;
wenn Schampus auch noch nicht geperlt,
floss Wein doch bis zur Morgenstund.
Denn Walther von der Vogelweide
gab sicherlich ein Freudenfest,
als nach feudalem Treueeide
ein Gütchen er ans Herz gepresst.
Mein Gott, was warn das noch für Zeiten,
als man für Verse so belohnt,
für seine Zungenfertigkeiten
auf einem Herrensitz gethront!
Im alten Rom schon, wo Klienten
von ‘nem Patron versorgt wir sehn,
da förderte man mit Talenten
Talente. So ja auch Mäzen.
‘nen Gutshof er Horaz verehrte,
idyllisch im Albanerland,
der gern Gesänge damit nährte,
weil er die Gegend fruchtbar fand.
Ja, Versepfründe zu genießen,
gelang auch noch in neu’rer Zeit,
weil Herrscher sich nicht lumpen ließen,
wenn Hymnen ihnen wer geweiht.
Für so was kriegt man heutzutage
‘n Ei kaum und ‘n Butterbrot.
Die geistige Großwetterlage,
so ist vom Wandel sie bedroht!
Würd heute wer ein Loblied schmettern
auf eines Kanzlers Regiment,
im besten Fall dankt’ ihm in Lettern
mit schönen Gruß sein Referent.
Statt sich an Lyrik zu erfreuen,
an Wort gewordener Musik,
schätzt unsre Zeit den lesescheuen,
den technogeilen Disco-Freak.
Der gern entpult für seine platten,
doch ohrwurmträcht’gen Grölerein
des Portemonnaies gegerbtem Schatten
manch wanderlust’ges Eurolein.
Für Dichtung fehlt ihm die Antenne,
obwohl er sich poetisch fühlt,
wenn’s assonantische Geflenne
der Songs ihm in der Seele wühlt.
Empfindung für die fein’ren Töne –
ein Luxus, dem er gern entsagt.
Er will das Grobe, das Gedröhne,
er will der Reize irre Jagd.
Wer rückt Parnass noch auf die Pelle,
wer schaut ins Maul noch Pegasus?
Vereinsamt die Poetenquelle,
voll Bitterkeit der Musenkuss.
Was soll’s. Ich will mich nicht beschwern,
schreib gern auch ohne Dichterruhm.
Vielleicht wird man mich niemals ehrn.
Was soll’s. Vielleicht auch erst posthum.