Ein Treffen

Ein TreffenErfrischend, diese Abendkühle!
Wir saßen draußen vorm Lokal.
Die letzten beiden freien Stühle;
na bitte, Glück gehabt noch mal!

Das Plätzchen war nicht zu verachten.
Kaum eingenommen, schäumte Bier.
Und auch den Hunger wir bedachten,
mit Würstchen gut zu stillen hier.

Die Backen hatten was zu beißen,
die Kehle blieb nicht unbenetzt.
Wir mussten uns kein Wort entreißen –
ham munter darauflos geschwätzt.

Kein Wunder. Alte Amtskollegen
sahn wieder sich nach langer Zeit,
da sie des Ruhestandes Segen
vor Jahr und Tag vom Dienst befreit.

Bis auf die üblichen Wehwehchen,
die teilnahmsvoll wir ausgetauscht
(er seine Kur, ich mein OPchen),
ward uns nur Gutes abgelauscht.

Berichte etwa über Reisen
von Singapur bis Hadramaut –
Exotik würzte unsre Speisen,
so heimisch wie das Sauerkraut.

Das Treffen war total gelungen.
Die Straße auch trug dazu bei,
obwohl da manchmal schrill geklungen
das Martinshorn der Polizei.

Ein letzter Schluck. Die Rechnung bitte!
Der netten Kellnerin ade!
Und noch mit halbwegs festem Schritte
vom Beisel raus auf die Allee.

Da trennten bald sich unsre Wege.
Ich nahm den Steindamm, er die Bahn.
Und weitertappend, satt und träge,
sah ich das Unglück auch schon nahn!

Erst die beklagenswerte Puppe,
die honigsüß mich angemacht,
und der ich sagte, bist mir schnuppe,
doch höflich: „Nein, nicht heute Nacht.“

Dann lag wer, Beine angezogen,
direkt in einem Hauseingang,
vom Rausch um jenes Bett betrogen,
in das er sonst sich immer schwang.

Stück weiter und noch jung an Jahren
‘ne Bettlerin, die ‘n Becher streckt
vom kalten Pflaster – ein Verfahren,
das, hofft sie, noch mehr Mitleid weckt.

Dies das Quartier, das wir uns teilen:
Hier Menschen, sorglos im Genuss,
und um zwei Ecken, Häuserzeilen:
die nackte Not im Überfluss.

So hocken Seite wir an Seite
auf Erden hier in einem Boot
und teilen unsres Sitzes Breite –
warum nicht endlich auch das Brot?

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