Geborgte Macht

Als „Tippse“ sie herabzusetzen,
beweist nicht Wissen noch Humor:
Die Sekretärin ist zu schätzen,
zumal wenn noch ein „Chef“ davor.

Denn dann kommt zu den Schreibarbeiten,
für die sie ein’gen Grips schon braucht,
die Pflicht noch, einen Typ zu leiten,
der andre gern zusammenstaucht.

Da wär das Wesen ‘ner Mimose
nicht ausgesprochen vorteilhaft –
viel eher eines, das der Hose
von Frauen noch mehr Geltung schafft.

Sie muss ja auch vom Halse halten
manch unerwünschten Störenfried
dem Boss, der seine Kummerfalten
nur ungern noch verdoppelt sieht.

Mit diesen Tugenden gerüstet
kann es gelegentlich passiern,
dass es nach Höh’rem sie gelüstet,
will heißen selber mitregiern.

Fängt klein an in der Kaffeeküche,
die öfter spähend sie durchstreift
und Abwaschmuffeln böse Sprüche
ins schwärzliche Gewissen keift.

Geht weiter über die Termine,
die argusäugig sie bewacht
und, dass es ihrem Ego diene,
gelegentlich nach Gusto macht.

Als Nächstes streckt sie ihre Fänge
in jeden Fachbereich im Haus,
beklagt, man käm nicht in die Gänge,
und bittet sich mehr Eile aus.

Dann wagt sie sich am Telefone
selbst an Abteilungsleiter ran,
bescheidet sie in rüdem Tone:
Erledigung bis dann und dann!

Auch sonst das reinste Boss-Gebaren,
des Alten weibliche Kopie.
Ihr ständ’ger Zahnbelag von Haaren
bis hin zur Bürste schon gedieh.

Gab irgendeiner der Kollegen
ihr deshalb umso eher nach?
Man kam ihr nirgendwo entgegen
und zwinkernd von der „Chefin“ sprach!

So wäre es wohl fortgegangen,
hätt man den Chef nicht pensioniert
und ihren Arm, den leidlich langen,
zum Tippen wieder reduziert.

Der Neue war pikanterweise
auch einer, den sie angeblafft.
Der schickte gleich sie auf die Reise
und hat sie sich vom Hals geschafft.

Belobte ihr in aller Schnelle
den schönen Job- und Lebenslauf
und drückte sie der Kostenstelle
‘ner andern Amtsfiliale auf.

Ob sie da weiter barsch und böse
Kollegen an den Karren fuhr?
Null Chance, dass ich das Rätsel löse –
so rasch verlor sich ihre Spur.