Zur Kirche noch mit flinkem Schritte
der Bürger hier zur Messe strebt,
allein, zu zweit, Kind in der Mitte,
und wie vom heil’gen Geist belebt.
Was hat der Tempel groß zu bieten?
Was seiner Priester Sprachgewalt?
Die harten Bänke der Quiriten,
das Wort, das zwei Millennien alt?
Man fläzt sich nicht in Luxussesseln
und lauscht dem neusten Forschungsstand,
nein, fröstelnd zieht es um die Fesseln
beim „Auszug aus Ägypterland“.
Und ändert man die Rückenlage
die schmerzlich sich am Holze stößt,
straft Gott mit einer neuen Plage
den Gläubigen, der lieber döst.
Was angesichts der Rituale,
die da ermüdend durchgekäut,
doch, Herr, verzeih, nicht als fatale
Verfehlung gelt der guten Leut!
Sie bleiben schließlich bei der Stange
trotz säulenheil’gem Sitzkomfort
und einem Sermon, der schon lange
als Wurm sich etabliert im Ohr.
Just die Geduld sie ja beweisen,
die man den Engeln unterstellt,
die pausenlos den Höchsten preisen,
weil ihr Gehudel ihm gefällt.
Nichts kann sie aus der Ruhe bringen
in ihrer schönen Illusion,
sporadisches Chorälesingen
genüge zur Erlösung schon.
So hat’s vortrefflich eingefädelt
der Pfaffen findiges Geschlecht:
Der Schwanz stets mit dem Hunde wedelt –
und wer’s nicht glaubt, der glaubt nicht recht.
„Wir, die des Himmels Botschaft hören,
die eure Seele nicht empfängt,
auch jene Wahrheit euch beschwören,
die den profanen Logos kränkt!
Noch Zweifel? Unsre Folterknechte
zerstreuen ihn auf ihre Art:
Zwei, drei Bartholomäusnächte,
dann bleibt er künftig euch erspart.
Und zu des Glaubens Schirm und Schilde,
dass Ketzerei er widersteh,
gebrauchen wir in unsrer Milde
auch schon mal ein Autodafé.“
Jahrhunderte nichts als gelogen,
gefälscht, geheuchelt und verdreht,
dass sich die Kirchenbalken bogen
vom Morgen- bis zum Nachtgebet.
Und diesen Fummeln, diesen Kutten
macht dennoch alle Welt die Cour?
Was Wunder, dass schon dem von Hutten
dies „Heil’ge Einfalt!“ einst entfuhr!