Lagebesprechung

LagebesprechungKennt den Poeten ihr, den armen,
gefesselt an sein Flügelross
und seinen Berg aus Kissen, warmen,
im lausig kalten Dachgeschoss?

Und wie er, Löcher zu verstopfen
in seines Elends Kerkerwand,
sich gegen Schicksalswermutstropfen
den Schirm der Hoffnung aufgespannt?

Nun, jenem glaub ich nicht zu gleichen.
Ich hause hier nicht unbeheizt.
Auch hat mit größren Nackenstreichen
das Leben bei mit eh’r gegeizt.

Zum Glück bin ich auch nicht gezwungen,
dass ich nur tags mein Liedchen dicht,
weil Verse, die zur Nacht gesungen,
verschlingen teures Kerzenlicht.

Und überhaupt, die ganze Szene
spielt doch in einer andern Zeit.
Entschuldigt, wenn ich herzhaft gähne
vor der verschnarchten Biederkeit!

Kriegt denn der Kerl was auf die Reihe,
so schlafmützig in seinem Pfühl?
Wenn ich mich meiner Muse weihe,
dann unbezipfelt auf Gestühl.

Nein, nein, da bin ich mir ganz sicher:
Mir wär’s im Leben nicht passiert,
dass mich ein Spitzweg mit Gekicher
als Poetaster karikiert.

Nur eins will mich bedenklich stimmen,
wenn ich denn schon Vergleiche zieh:
Muss drei Etagen hier erklimmen
und wohn dem Himmel vis-à-vis.

Und da die Lage so verschrien
als wenig dienlich dem Talent,
sollt ich erwägen umzuziehen –
vielleicht, dass sich ein Keller fänd.

Auch hört man nie vom „Ersten“ lästern –
der Stock bezeugt noch Bodennäh,
weit von den Wolkenkuckucksnestern
da oben unterm Dach juchhe.

Ich werde schon was Hübsches kriegen
und sehn, was an der Sache dran,
die Kunst müss erst am Boden liegen,
bevor sie sich erheben kann.

Natürlich werd ich euch berichten,
sobald ich umgezogen bin.
Erst mal den ganzen Krempel sichten –
da gehn noch ein paar Jährchen hin!

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