Literaturförderung

Ich werd nichts Neues euch verraten,
wenn ich mir die Bemerkung leist‘,
dass mancher unsrer Literaten
beflügelt seinen müden Geist

Mit dem und jenem Muntermacher,
der ihm die schwere Zunge löst
und sich entfalten lässt zum Kracher,
was friedlich noch im Brägen döst.

Der Apfel Tells, der ohne Made
der Brüder Freiheitsdrang geweckt,
er lag vor Schiller in der Lade
als fauliges Geruchsobjekt.

Ein Aufputschmittel, das indessen
nicht überall Beachtung fand –
im Allgemeinen hat Rheinhessen
nebst Pfalz und Mosel man verwandt.

Dies ist der Punkt, um zu gestehen,
dass ich durchaus dies Laster teil
und mit Rioja gut versehen
von einem Vers zum nächsten eil.

Doch heißt es sich zum Maß bequemen,
denn wenn zu viel man davon nippt,
lässt sich die Fantasie nicht zähmen
und schließlich aus den Latschen kippt.

Das wird ja jeder selber fühlen,
der diese Mittel inhaliert,
indem er mit dem Kopf, dem kühlen,
grad wie ein Doktor sie dosiert.

Doch will ich auch gerechterweise
bemerken, dass wohl dann und wann
ein Säufer mit nur Schnaps als Speise
Gewaltiges verströmen kann.

Warum indes die trocknen Strophen?
Ich nenn euch mal den tiefren Grund:
Herr Lessing, keiner von den Doofen,
gab ‘ne prekäre Weisheit kund.

„Zu viel“, sprach er, „kann man wohl trinken,
doch niemals trinkt man wohl genug.“
Da lass ich glatt den Pinsel sinken
mitsamt dem halb geleerten Krug!

‘nen Freibrief für extreme Süffel
mit Ambition auf den Parnass
quittier ich mit ‘nem strengen Rüffel,
denn der Konsum wär mir zu krass.

Wie wär den Damen wohl zumute,
die mit dem Musen-Amt bestallt,
käm plötzlich wer in die Redoute,
der schwankend Dithyramben lallt?

Sofern nur etwas angeheitert,
man ließ wohl fünfe grade sein,
doch hat sich’s schon zum Rausch erweitert –
raus, Lümmel, aus dem Lorbeerhain!

Von dieser Regel ausgenommen:
Villon, der Vagabund und Dieb.
Ein Horror allen Kirchenfrommen,
den Göttern aber herzlich lieb!