Muse auf Reisen

Schon ging er in die letzte Phase,
der Abend hart auf Mitternacht,
als ich, die Brille auf der Nase,
mich an mein Musenstück gemacht.

Ich weiß nicht, ob ich’s je beschrieben –
wenn nicht, hol ich es hiermit nach:
Das Werkzeug ist stets gleich geblieben,
nur nicht der Standort, das Gemach.

Klar, dass ich einen Schreiber brauche,
der dem Papier aufs Auge drückt,
was aus des Hirns verstopftem Bauche
dem Licht der Welt entgegenrückt.

Und eine Kerze, deren Flamme
zwar schwach wie vorm Marienbild,
doch als ob Höh’rem sie entstamme,
mir fast als wundertätig gilt.

Wer hilft dem Brägen auf die Sprünge,
der halb im Dämmer noch verharrt,
dass mit Ideen den Wisch er dünge,
der mir noch nackt entgegenstarrt?

Die Rebe macht ihn leicht und locker,
dass bald sich seine Zunge löst,
doch ohne dass dabei vom Hocker
den Musentrunkenen es stößt!

Mehr braucht es nicht an Requisiten
nebst einer Bühne, die vertraut,
den Göttern etwas darzubieten,
was Schlösser in die Lüfte baut.

Die kann man ja auch mit sich tragen
wie’n Maler seinen Skizzenblock,
dass er in allen Lebenslagen
vor lohnenden Motiven hock.

So weit will ich’s indes nicht treiben,
zwei Orte reichen mir schon aus,
ins Album Verse mir zu schreiben
aus dem besagten Bauch heraus.

Jetzt also wieder tief im Süden,
der weniger mit Sonne geizt,
die, ohne merklich zu ermüden,
hier auch im Winter kräftig heizt.

Ein Vogel, der vor allen Dingen
sich wo ein zweites Nest erstritt –
und wie ein solcher auch zu singen,
nahm seine Muse er gleich mit.