Nachtstück

NachtstückMal wieder eine dieser Nächte,
in denen man zum Dichter wird –
man fühlt geheimnisvolle Mächte,
und Pegasus steht angeschirrt.

Es ist so still, dass aus dem Schweigen
sich Stimmen lösen geisterhaft.
Da heißt es in den Sattel steigen,
dass lyrisch man sich Luft verschafft.

‘s ist Sonntag. Die Geschäfte ruhen,
bewacht von strengem Neonlicht.
Gefährte, flink auf Gummischuhen,
hört man seit elf Uhr dreißig nicht.

Die Decke übers Ohr gezogen,
der Wolken flauschigen Flanell,
hat um die Sterne uns betrogen
der Himmel – ach, ihn fröstelt schnell.

Um wie viel tiefer wird das Dunkel,
wenn uns kein Licht von oben brennt
und unser Blick, gewöhnt Gefunkel,
sich fängt im Wattefirmament!

Die dürren Äste: Scherenschnitte,
die nur als Standbild angelegt.
Der steife West zur Tagesmitte
woanders sich in Büsche schlägt.

Die Nacht verhofft wie eingefroren
und doch gespannt wie vor dem Knall.
Ich geb dem Musengaul die Sporen –
und bring ihn lieber in den Stall.

 

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