Noch keine Löcher

NochimagesZAQAFAXS keine Löcher, Flecken, Risse –
und schnurgerade Fensterreihn!
‘ne makellose Baukulisse,
und kann so jung doch nicht mehr sein.

Ich hock ja selbst schon dreißig Jahre
im Ausguck hier im dritten Stock
und mit dem Augenlicht befahre
mir vis-à-vis den Häuserblock.

Zumindest wenn ich kurz mich löse
vom Blatt, das eben ich betint,
und sinnend in die Weite döse,
damit sich da das Weitre find.

Wie kann man bloß so gut sich halten?
Mir kommt es jedenfalls so vor,
als wär da alles noch beim Alten –
vom Fundament zum Regenrohr.

Tja, aber doch nur die Fassade,
so kontert nüchtern der Verstand.
Dahinter hausen Wurm und Made –
die Zeit baut immer nur auf Sand.

Sie treibt die Menschen durch das Leben,
so wie die Blätter jagt der Wind,
die groß und grün am Zweig noch eben
und schon verfault am Boden sind.

Konnt ich denn je dahintergucken?
Nur Luken, leblos, trüb erhellt.
Doch nicht auch Löcher, die verschlucken
bisweilen die „gewohnte“ Welt?

Im Hintergrund, im unsichtbaren,
in diesem „stillen Kämmerlein“,
da war es wohl in all den Jahren
so unverändert nur zum Schein.

Die Menschen kamen und sie gingen,
bepackt mit ihrem Hab und Gut,
sich eine Bleibe zu erringen,
so wechselhaft wie Ebb und Flut.

Und alle ein Gesicht sie hatten,
Gemüt, Charakter, Geisteskraft –
für mich indes warn es nur Schatten,
Phantome in der Nachbarschaft.

Ich seh ja nur die harte Schale,
den Kern nicht, den sie einverleibt,
so dass das Sein mir als Totale
da drüben stets ein Rätsel bleibt.

Muss ich als treuer Mönch der Mauern
nicht folgern dann im Umkehrschluss:
Hier sieht man (säh man!) mich versauern
in meinem Haus als taube Nuss?

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