Als Irrer müsste Worte ich nicht wägen,
schrieb einfach nur nach Maul und nach Gemüt
’ne Hand voll Reime aus verkorkstem Brägen,
und schon zur Lesung mich die Szene lüd.
Hätt Vincent sich sein Ohr nicht abgeschnitten,
und läg er nicht mit Theo Seit an Seit –
noch heute wärn die Krämer unbestritten
zum Kauf der kühnen Striche nicht bereit.
Wer würde auf Villon ‘nen Sou nur geben,
hätt er als Pfaff gedichtet und als Christ,
anstatt gehetzt und vogelfrei zu leben
am seidnen Faden einer Galgenfrist?
Und auch Rimbaud, des Verse uns erklingen
wie eines Wunderkindes Melodie:
Was wär er ohne diese Todesschwingen,
die ihm Äthiopiens Höllenhitze lieh?
Des Schaffensgeists gediegenste Produkte –
was weiß die Menge schon von ihrem Wert?
Ästhetik ist’s nicht, was sie jemals juckte –
der Ruhm nur, der auf ihrem Trittbrett fährt.
Bei mir läuft da nun nix auf dieser Schiene,
bin so normal, dass es zum Himmel stinkt:
Kein Dämon hinter biedrer Bürgermiene,
kein Faust, der einem Teufel sich verdingt.
Ich halt es mit dem alten Stagiriten:
in Sophrosyne meine Tugend such;
kann den Banausen absolut nichts bieten,
nicht mal ein Ruhmesblatt im Guinness-Buch.
So stehn denn vor der Musenrichter Schranken
allein und schutzlos meine Verse da,
die Worte nur für sich und die Gedanken,
dazu noch das formale Trallala.
Ein leichter Job gewiss für die Juroren,
kein echter Prüfstein für ihrn Sachverstand –
total auf Sensationen eingeschworen,
hebt für die Kunst sich keine müde Hand.
O könnt ich nur der Mäßigung entsagen,
dem Käfig goldigen Gemüts entfliehn,
ich packte sämtlich sie bei Arsch und Kragen,
dass sie nach Jesus und der Jungfrau schrien!
Nach altem Brauch: Wen mit der Birne stoßen
recht grob und schmerzhaft auf ein Lernobjekt,
dass er den Prüfungstag, den zünft’gen, großen,
auf ewig sich hinter die Ohren steckt.
Schön wär‘s! Begeist’rung lässt sich nicht erzwingen,
den Sinn für Kunst, den bläut man keinem ein –
die Ochsen zieh an ihren Nasenringen,
das Sabbern lassen sie dabei nicht sein.
So kann ich nur noch auf ein Wunder warten,
auf die Gourmets der Poesie an sich –
doch diese Hoffnung selbst hat schlechte Karten:
Bei 13 Strophen kriegt sie keinen Stich!