Novemberstille

lonely_nightNovemberstille. Von den Straßen
des Abends Schweigen widerhallt.
Als ob die Leute sie vergaßen:
verstreute Pfützen im Asphalt.

Kein Wind reißt von den schwarzen Zweigen
jetzt Laub noch fort zum Totentanz.
Feucht pappt es auf den Bürgersteigen,
verfault in seinem letzten Glanz.

Ein märchenhaft gewebter Schleier,
so fein, dass man ihn kaum erahnt,
wie Dunst umspinnt des Waldes Weiher,
wenn schon der Mond den Weg sich bahnt

Umhüllt das schattende Gemäuer,
das keine Sonne mehr erhellt,
und liegt wie Rauch von einem Feuer
aschfahl um First und Giebelfeld.

Die hundert Sterne, die wir sehen
am trüben städt’schen Firmament,
so sicher heut wie Rabenkrähen
bei Nacht und Nebel man erkennt.

Schließ ich die Augen, um zu lauschen:
O welche Klänge der Natur –
der Kühlschrank: reinstes Wipfelrauschen,
die Heizung: Bächlein in der Flur!

Auch meine Mine, die ich reibe
in flinken Zügen am Papier:
Heut kann ich hören, was ich schreibe –
es schabt wie dieses Küchentier!

Vollkommen aber macht die Stille
das Flämmchen, an den Docht gepflockt,
das da so ohne Wunsch und Wille
ergeben auf der Stelle hockt

Und hin und wieder nur ganz träge
geschmeidig sich zur Seite biegt,
so wie ein Boot am Landungsstege
sich träumend in den Tauen wiegt.

Mit seines Fadens schwarzer Tülle
sank tief es in den Turm schon ein,
dass durch der Kerze dünne Hülle
es glüht mit glasig-grünem Schein.

Und welcher Duft, wenn man die Nase
ein wenig länger horchen lässt:
Geschmolznes Wachs, Aromagase
als Vorgeschmack aufs Weihnachtsfest.

Kurzum, es hält das Jahr nun inne,
bevor’s ertrinkt im Meer der Zeit,
dass traurig es noch einmal sinne
über dies Los: Vergänglichkeit.

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