Strenge Kleiderordnung

Strenge KleiderordnungWas Kardinaltugenden sind,
das weiß ja heute jedes Kind –
doch wie’s Mysterium des Grals
die Tugend eines Kardinals.

Die farbenfrohen Klerikalen
von der katholischen Couleur
sich immer noch in Roben aalen
als ihrer Würde Zubehör.

Sie tragen wallende Gewänder,
die allerlei an Beiwerk ziert,
und sind als Heils- und Segenspender
aufs Blendendste herausstaffiert.

Man kennt sich aus in solchen Sachen,
betont bewusst die Tradition.
Den Fakt, dass Kleider Leute machen,
den schätzt man ja seit Olim schon.

Ja, nehmt ‘nen blassen Pickelbuben
und steckt ihn in so’n buntes Tuch,
was braucht er da noch Salbentuben?
Der Rock, er tilgt den Akne-Fluch!

Fortan wird wie ein Pfau er schreiten
mit gravitätisch-eitlem Gang
zur Freude derer, die ihn weihten
zu Sermon und Altargesang

Und von den Lämmern abgehoben
auf ihrer Einfalt Weidegrund
die Weisheit des Allmächt’gen loben,
mit der begnadet nun sein Mund.

Gewohnt, so täglich zu verkehren
mit höchster Himmelstrinität,
kann kaum ihn noch ein Schäfchen scheren,
das blökend seine Perlen dreht.

Er schwebt in höheren Regionen
und sieht als Heil’gen sich schon fast
knapp unterhalb des Herrgotts thronen
in Sammet, Seide und Damast.

Wer sollte sich auch sich’rer wähnen,
das Himmelreich sei ihm gewiss,
als einer, der mit Klau’n und Zähnen
sich in den schönen Schein verbiss?

Hat mit Gebeten und Gesängen,
so manche irdsche Freude flieh’nd,
mit Weihrauch er und Wassersprengen
sich nicht den Eintritt auch verdient?

Ja. Wär der große Weltenschöpfer,
von seiner Kirche Geist beseelt,
ein Beutelschneider und ein Schröpfer,
der gierig nur sein Bakschisch zählt

Das ihm in Form von guten Werken
und Ritualen zugesteckt,
um seinen Willen zu bestärken,
dass er die Geber einst erweckt

Zu Harfenspiel und Engelschören
in einem ew’gen Frühlingshain!
Wär ich der Herrgott, ich möcht schwören,
ich würd zutiefst beleidigt sein

Dass man mit solchen Nichtigkeiten,
mit Kinkerlitzchen, Nippes, Tand,
dem meint ‘ne Freude zu bereiten,
dern Kosmos hält in seiner Hand!

Und gar noch, selber Gott zum Wunder,
zu herrschen glaubt an seiner Statt
mit diesem ganzen Pomp und Plunder,
da ER stets Jeans getragen hat!

Der Wahnsinn wird sich einmal rächen,
die Ewigkeit kennt keinen Spaß.
Von nichts und niemand zu bestechen:
Gerechtigkeit ihr höchstes Maß.

Ich sehe ihn da förmlich stehen,
den Pfaff vor Petrus, fesch und fein.
„Dior nur, Lieber? Lass mal sehen …
So Lumpen kommen hier nicht rein.“

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